Erwartungs-Wert-Matrix (S.155)
Tolman (1951,1959) hat seine Motivationstheorie später noch etwas ausgebaut ( wobei er verglichen mit Hull wenig systematisch vorging). Neben den Bedürfniszuständen motivieren die beiden intervenierenden und kognitiven Variablen Erwartung (belief) und Wert (value) zum jeweiligen Verhalten. Wert ist gleich der Anreiz des Zielobjekts. Beide Variablen , Erwrtung und Wert sind gewöhnlich nicht frei kombinierbar. Sie hängen vielmehr matrizenartig in etablierten Überzeugungssystemen miteinander Zusammen, in einer Erwartungs-Wert-Matrix.
Erwartung und Anreiz, S-R-theoretisch konzipiert (S. 157)
Die Verfechter einer assoziationstheoretischen Verhaltenserklärung sahen in S-R-Verbindungen das kausale Grundschema von Ursache und Wirkung. Die Befunde Tolmans nahm Hull als Herausforderung an. Im Unterschied zum Lernen als einem Verstärken von S-R-Verbindungen mußte eine Prozeß der Motivation als ein Anstreben von Zielen anerkannt werden.
Der frühe Hull (S. 157)
Um Motivation letztenendes auf S-R-Verbindungen zurückzuführen, galt es, den vorwegnehmenden Zielerwartungen, diesen verhaltensleitenden aber mentalistischen "Ideen" über das angestrebte Ziel hinaus, eine substantielle, d.h. "physikalische" Grundlage in S-R-Ereignissen zu geben.
In dieser ersten Phase seiner Theoriebildung entwickelte Hull den sogenannten rG-sG-Mechanismus, die fragmentarisch vorwegnehmende Zielreaktion.
Wie Pawlow gezeigt hatte, können bislang neutrale Reize eine Signalwirkung gewinnen und bevorstehende Ereignisse ankündigen. Daß sie damit etwas schaffen, was dem Wissen um Künftiges analog ist, läßt sich aus dem Verhalten wie der Speichelreaktion sehen.
Nimmt man nun an, daß die auf einen äußeren Reiz (S1) erfolgende Reaktion (R1) eine propriozeptive Rückmeldung aht, d.h. einen inneren Reiz (s1) zur folge hat, so kann der innere Reiz zeitlich mit dem nächsten äußeren Reiz (S2) zusammenfallen, der seinerseit R2 auslöst. Dami läuft s1 unmittelbar R2 voraus und kann sich mit ihm assozieren. Auf diese Weise könnte schon ein äußerer Reiz S1 genügen um, durch die inneren Reize vermittelt, die ganze Kette an Reaktionen ablaufen zu lassen. Dabei ist zu beachten, daß die Sn-Rn - Verknüpfungen umso stärker sind, je näher sie an der Zielreaktion liegen, die Kette baut sich also vom Ende her auf.
Eine solcherart konditionierte Kette von Reaktionen kann sehr schnell ablaufen, gewöhnlich schneller, als die Kette von Stimuli, die die Änderungen der Außenwelt bis zum Erreichen des Zielobjekts repräsentieren. Die Reaktionsabfolge ist schneller als die Stimulusabfolge, R3 erfolgt also schon bevor S3 überhaupt eintritt.
- I Ereignisse im Organismus sind Ereignissen in der Außenwelt schon voraus. Damit kann der Organismus schon auf etwas reagieren, was in Wirklichkeit noch gar nicht eingetreten ist : Die Grundlage für Voraussicht ist gegeben.
In den reinen Stimulus-Akten sah Hull die neurologische Grundlage kognitiver Prozesse.
In dem Bemühen ,S-R-theoretische Grundlagen für verhaltensleitende Zielerwartung zu finden, entwickelte Hull das Konzept der fragmentarisch vorwegnehmenden Zielreaktion, der rG-sG - Mechanismus. Hull nimmt (wie Freud) an, daß jeder Bedürfniszustand von einem Triebreiz begleitet wird, der bis zur Befiedigung des Bedürnisses andauert und sich so mit allen darauf folgenden Reaktionen und der späteren Zielreaktion selbst assozieren kann. Wie beschrieben kann ein Triebreiz, sobald er auftaucht, schon gleich die Zielreaktion hervorrufen. Würde die Zielreaktion jedoch gleich ausgeführt, könnte sie die notwendigen instrumentellen Reaktionen die wirklich zur Zielreaktion führen behindern. Die vorweggenommene Zielreaktion wird deshalb schnell nach dem Gesetz der Wirkung gelöscht. Zurück bleibt ein Fragment der eigentlichen Zielreaktion. (*Löwe sieht Beute, würde jetzt sofort die Zielreaktion z.B. "Fressen" ausgeführt, würde die eigentliche Beutejagd behindert. Zurückbleiben könnte ein Fragment der Zielreaktion wie etwa Speichelfluß die die Jagd nicht behindert*).
Das Fragment der Zielreaktion rG hat eine propriozeptive Rückmeldung in einem inneren Zielreiz SG der das Zielereignis repräsentiert. Er kann als Grundlage dessen angesehen werden, was Tolman als Zielerwartung auffaßt.
Trotzdem mußten Befunde zum latenten Lernen nach Hulls Theoriensystem ganz und gar unerklärlich bleiben. Hier leigt zwar ein Triebreiz vor, aber keinerlei Zielreaktion. Ein rG-sG - Mechanismus konnte sich somit nicht aufbauen. Das sprunghafte aufholen zu Kontrollgruppenleistung muß auch nach dieser Erweiterung der S-R-Theorie ein Rätsel bleiben.
Der mittlere und späte Hull (S. 159)
In der letzten Phase seiner Theoriebildung, versucht Hull, den zu beobachtenden Phänomenen gerecht zu werden. Als Ausmaß und Art der Bekräftigung führt er den motivationalen Faktor K ein. Die Stärke von K ist eine Funktion der Stärke der konsummatorischen Reaktion, die selbst wieder vom Anreiz des Zielobjekts abhängt.
Hulls Formel für das Reaktionspotential nimmt somit folgende Gestalt an : SER = D x K x SHR
Die Weiterentwicklung durch Spence (S. 160)
Im Unterschied zu Huul verband Spence die beiden Motivationsfaktoren, D und K, additiv, so daß das exzitatorische Potential (das Äquivalent zu Hulls Reaktionspotential) die folgende Form erhielt :
- E = (D + K) x H
Diese Konzeption ist eher in der Lage Befunde zur Anreizwirkung und zum latenten lernen zu erklären.