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Das Aktivationskonstrukt (S. 106-108 )

Von Aktivation abhängigen Variablen ist vor allem die Leistung untersucht worden. Vereinfacht lassen sich die Ergebnisse als ungekehrte U-Funktion darstellen. Allerdings spielt danbei der Schwierigkeitsgrad einer Aufgabe eine Rolle : je größer die Schwierigkeit, umso günstiger scheint ein niedriges Aktivationsniveau.

Hebb (1955) hat die umgekehrte U-Funktion als eine Interaktion von Aktivationsfunktion und Hinweisfunktion gedeutet.

Die über die Sinne einströmenden Informationen werden einerseits als spezifische Hinweise verarbeitet, andererseits tragen sie in unspezifischer Weise zu einem allgemeinen Aktivierungsniveau bei. Um ein optimales Niveau zu erreichen, bedarf die Hinweisfunktion eines gewissen Aktivationsgrades der beteiligten Hirnregionen.

Ein ebenso bekanntes wie spektakuläres Experiment haben Bexton, Heron, und Scott (1954) durchgeführt.

Sie gewannen gegen hohe Bezahlung Studenten, die sich für mehrere Tage in reizabgeschirmte Kammern zu legen hatten. Dabei trugen die Studenten Brillen und Manschetten um Arm und Hände, was jede Art von visueller oder taktiler Wahrnehmung ausschalten sollte.

Schon bald stellten sich Halluzinationen und starke Beeinträchtigungen der intellektuellen Fähigkeiten ein.

Die Studenten brachen den Versuch trotz hoher Bezahlung schon nach wenigen Tagen ab !

Die Befunde lassen darauf schließen, daß der Organismus zu seinem Wohlbefinden und zur Funktionstüchtigkeit eines gewissen Einstrom von Reizvariation bedarf.

Das Gegenzug zum Reizentzug der Inkunkruenzen schafft, weil er zu komplex oder widersprüchlich ist, um verarbeitet zu werden. Das kann zu heftigen Reaktionen bis hin zu panischem Schrecken führen. Es ist der plötzliche und heftige Unterschied zum Vertrauten, der heftige und schreckhafte Aktivierungszustände auslösen kann.

Anregungspotential und seine Wirkungen (S.109 - 111)

Das Anregungspotential (arousal potential) ist eine hypothetische Gesamtgröße für alle Besonderheiten eines momentanen Informationsstroms. Diese Größe setzt sich zusammen aus :

  1. Den kollativen (vergleichenden) Variablen ; Neiigkeit, Ungewißheit oder Konflikt, Komplexität, Überraschungsgehalt.
  2. Affektiven Reizen
  3. Starken äußeren Reizen
  4. Inneren Reizen, die von Bedürfnissen herrühren.

Das Anregungspotential ist von seinen Wirkungen zu unterscheiden, und zwar :

  • einmal vom Aktionsniveau und zu anderen,
  • vom positiven oder negativen Gefühlston und damit verdundenen aufsuchenden oder meidenden Tendenzen

Berlyne (1971;1974) hält für die Wirkung des Anregungspotentials die alte Wundt-Kurve für maßgebend

Wie die Abbildung zeigt, nimmt nach Überschreiten der absoluten Reizschwelle der positive Gefühlston mit zunächst wachsendem Anregungspotential zu, fällt bei weiterem Steigen des Anregungspotentials wieder ab und wandelt sich schließlich in einen negativen mit wschsender Intensität.

Berlyne sieht zwei entgegengesetzte Systeme am Werk, ein primäres Belohnungssystem und ein Aversionsystem.

Dabei entstehen drei aufeinanderfolgende Regionen in der Ausprägung des Anregungspotentials. Region A mit niedrigem Anregungspotential hat nur positive Effekte, d.h. hier ist die Stimulation angenehm und bekräftigend.

In der mittleren Region B mischen sich positive und negative Effekte, wobei die positiven noch überwiegend.

In der letzten Region des Anregungspotentials sind die Effekte dann überwiegend negativ.

Da das Aktivationsniveau keine monotone lineare Funktion des Anregungspotentials, sondern eine U-förmige Funktion ist, heißt das, daß nicht nur hohes sondern auch niedriges Anregungspotential (z.B. Langeweile) das Aktivationsniveau in die Höhe treibt. (und somit negative Gefühlszustände auslöst).

Berlyne hat diese und ander Befunde zu einer Psychologie der Ästhetik zusammengetragen. Am Beispiel eines unbekannten Musikstückes ist seine Argumentation sicherlich für viele Menschaen nachvollziehbar:

  • A Zunächst erscheint uns das Musikstück beim ersten Hören als unattraktiv A2 vielleicht sogar abstoßend, denn wir müssen einen komplexen und neuartigen Reizstrom verarbeiten. A1
  • B Diese negative Betrachtung kann sich ins Positive B2 wandeln, wenn wir uns "hineinhören" es kennenlernen und so der Reistrom geringer B1 wird.
  • C Sind wir mit dem Stück schließlich so vertraut,daß es nichts neues mehr bietet wird es uns langweilen und seine Attraktivität C2 läßt nach. Aufgrund der umgekehrten U-Funktion steigt bei geringem Anregungspotential (Reizstrom) die Aktivation.

Motivationstheoretische Ansätze einer kognitiven Situationsbeurteilung (S. 112)

Der Ansatz der kognitionspsychologischen Linie beruht auf einer Verhaltenserklärung durch (fast ausschließlich) situative Determinanten.

Dabei stellen die Reizgegebenheiten Informationen dar, die zu einer kognitiven Repräsentation der gegenwärtigen Lage verarbeitet werden.

Die Ergebnisse einer kognitiven Situationsbeurteilung sind also Verhaltenswirksam. Entscheiden ist, daß situative Gegebenheiten nicht direkt und blind das Verhalten bestimmen, sondern interpretiert und zu einem zusammenhängenden Bild der gegenwärtigen Lage umgewandelt werden.

Emotionen sind also nicht einfach "innere Reize", sie stellen vielmehr das Ergebnis einer Informationsverarbeitung dar.