Lewins Konflikttheorie (S. 100-102)
Ein wichtiger Teilbereich der triebpsychologischen Forschung war die experimentelle Analyse des Konfliktverhaltens. N.E. Miller entwickelte darauf hin sein bekanntes Modell des Aufsuchen-Meiden-Konflikts. Die Grundlagen dazu hat Lewin bereits 1931 gelegt. Er definiert: "Ein Konflikt ist psychologisch definieren als eine Situation, in der gleichzeitig entgegengesetzt gerichtete, dabei aber annähernd gleich starke Kräfte auf das Individuum einwirken".
Er unterscheidet drei Grundfälle einer Konfliktsituation:
- Aufsuchen-Aufsuchen-Konflikt
Man steht zwischen zwei Gegebenheiten oder Zielen , die beide positiven und annähernd gleichen Aufforderungscharakter (Valenz) haben; man kann jedoch nicht beide gleichzeitig haben, sondern muß sich für eine Entscheiden.
- Meiden-Meiden-Konflikt
Hier hat man zwischen zwei annähernd gleich starken Übeln zu wählen.
- Aufsuchen-Meiden-Konflikt
Ein und dieselbe Situation ist zugleich abstoßend und anziehend (z.B Heirat)
Hovland und Sears haben 1938 noch eine weitere Konfliktsituation hinzugefügt, und zwar :
- Doppelter Aufsuchen-Meiden-Konflikt
Doppelter Ambivalenz-Konflikt. Wahl zwischen zwei Begebenheiten von denen jede sowohl positive als auch negative Seiten hat. (z.B. Berufswahl)
Bereits 1946 hatte Lewin intuitiv vermutet, was später empirisch belegt werden konnte :
- Bei zunehmender Annäherung an das Zielobjekt wachsen die abstoßenden Kräfte schneller an als die anziehenden.
Nach Lewin ist die Stärke einer Verhaltenstendenz (Kraft) also von zwei Größen abhängig :
- von der Stärke der Valenz des Zieles
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von der noch zu überwindenden Distanz zum Ziel.
Millers Konfliktmodell
Millers Zielgradientenhypothese besagt, daß der Aufbau von Reiz-Reaktionsverbindungen, also das Anwachsen der habit Stärke zunächst in unmittelbarer Zielnähe beginnt, weil hier die Bekräftigung sofort erfolgt oder nicht, wie in weiterem Zielabstand verzögert ist. Alo wandert der Aufbau von habit Stärken beim Erlernen vom Ziel her langsam rückwärts zum Beginn der Reaktionsabfolge.
Mit dieser Hypothese erklärt sich unter anderem, warum Versuchstiere in Zielnähe schneller laufen.
Zum Konfliktgeschehen hat Miller (1951 und 1959) sechs Annahmen aufgestellt :
- Die Aufsuchen-Tendenz wächst mit Zielnähe (Aufsuchengradient)
- Die Meiden-Tendenz wächst mit Annäherung an den gefürchteten Zielreiz (Meidengradient)
- Der Meiden-Gradient ist steiler als der Aufsuchen Gradient.
- Wenn zwei miteinander unverträgliche Reaktionen in Konflikt stehen, setzt sich der stärkere durch.
- Die Höhe des Aufsuchens- oder des Meidens-Gradienten hängt von der Triebstärke ab, auf der die Gradienten jeweils beruhen.
Steigt z.B. der Hunger eines Versuchstieres, der das Tier zum Aufsuchen des Futters in der Zielregion treibt, so hebt sich der Aufsuchen-Gradient insgesamt; damit liegt der Schnittpunkt beider Gradienten näher am Ziel.
6. Mit der Anzahl der Bekräftigungen wächst der bekräftigenden Reaktionstendenz, solange bis das maximale Lernplateau erreicht ist.
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$ Brown (1948) hat die Annahmen 1,2,3 und 5 im Tierversuch experimentell geprüft und bestätigen können.
Anwendungen des Konfliktmodells
Die Abstandsdimension zur Zielregion kann neben der räumlichen Natur natürlich auch zeitlicher Art sein. Der letztere Fall, eine Abwandlungsreihe abnehmender Ähnlichkeit mit einem Konflikthaft erlebten Zielzustand, spielt in neurotischen Konflikten und deren therapeutischer Behndlung häufig eine Rolle.
So kann ien Objekt aggressiver oder sexueller Wünsche zugleich starke Furcht vor negativen Konsequenzen auslösen, so daß es - wie schon von Freud beobachtet - zu einer sogenannten "Verschiebung" kommt. Das ursprüngliche Objekt wird im Erleben ersetzt durch ein mehr oder weniger ähnliches, das weniger Furcht (oder Angst) auslöst. Je mehr die Meiden-Tendenz die Aufsuchen-Tendenz überwiegt, umso geringer ist die Ähnlichkeit zwischen dem Objekt der Verschiebung, der erreichten Konfliktlösung.
Für eine Therapie wird gefordert, daß nicht der Aufsuchen-Gradient zu heben, sondern der Meiden Gradient zu senken (siehe untere Abb. I) ist, und zwar durch geeignete Maßnahmen der Ähnlichkeitsverschiebung zur eigentlichen Konflikursache. Eine Anhebung des Aufsuchen-Gradienten würde den Schnittpunkt der Gradienten zwar näher an die Konfliktursache heranführen, gleichzeitig aber auch höherrücken was eine größere Stärke beider Konfliktendenzen mit sich bringen würde und dadurch eine höhere innere Gespanntheit bedeutete. (siehe untere Abb. II). Siehe Kommentar zu den Abb.
Ein bloßes Zureden des Therapeuten, sich doch mit der Konfliktursache Auseinanderzusetzen, hätte außer einer größeren Netto-Reaktionstärke der gehemmten Reaktion (die vom Therapeuten evtl als Therapiefortschritt interpretiert würde) keinen Vorteil, aber den Nachteil eines größeren Gesamtkonflikt-potentials*
Aktivationstheorien (S. - )
Zwei hirnphysiologische Entdeckungen haben auf die motivationspsychologische Theoriebildung einen großen Einfluß gehabt :
- Das ARAS im Hirnstamm und
- ein Bekräfitgungszentrum im Hypothalamus.
Ende der 50er Jahre wurde der Gedanke vertreten, daß das hypothetische Konstrukt eines allgemeinen Aktivierungsniveaus (arousal), der Stärke eines allgemeine Triebs entspricht.
Die Vorteile einer Ersetzung des Hullschen Triebs (drive) lagen auf der Hand. Anhand vieler neurovegetativer Indizes, wie EDA, Muskeltonus oder Hirstrombild, glaubte man endlich einen zuverlässigen Index für die Triebstärke gefunden zu haben.
Leider mußte das Konstrukt der allgemeinen Aktivität als Index für die Triebstärke durch weitere Forschungen in Frage gestellt werden. So fand Lacey (1969) daß die verschiedenen Maße nur wenig korrelieren und Ausprägungsmuster bilden, die individuell sehr unterschiedlich sind.