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Motive (S. 55-70)

Individuelle Unterschiede unter gleich erscheinenenden Situationen, müssen auf Dispositionen unterschiedlicher Ausprägung zurückgehen. Folgerichtig stellt sich die Frage ob und inwieweit sich diese individuellen Unterschiede objektivieren lassen, also meßbar werden.

Diesem Problem der Motivmessung ist aber ein anderes Grundproblem vorangestellt. Das der Motivklassifikation. Wie ist eine Disposition gegen andere abzugrenzen, wieviele unterschiedliche Dispositionen gibt es überhaupt?

Zudem kann immer nur eine Motivdisposition das Verhalten bestimmen, während andere latent bleiben. Es stellt sich damit die Frage : wie kommt es zur Aktualisierung einzelner Motivdispositionen unter einer Anzahl latenter Motivdispositionen? Wir stoßen hier auf das Grundproblem der Motivanregung.

Neben den Perönlichkeitsfaktoren müssen also auch Situationenfaktoren als Anregungsbedingungen berücksichtigt werden. Wieviele Inhaltsklassen von Person-Umwelt-Bezügen gibt es, die sich durch charakteristische Aktivierbarkeit voneinander unterscheiden?

Hier hat die Motiklassifikation einen Stand erreicht der nach einer experimentellen Klärung verlangt. Durch planmäßige Variation der Anregungsfaktoren bezüglich ihrer Intensität und thematischen Extensität werden diejenigen Motivationsprozesse bestimmt, die äquvivalent bleiben, d.h. noch von derselben Motivdisposition bestimmt zu sein scheinen.

Jetzt erst kann die eigentliche Motivmessung in Angriff genommen werden, indem man bei inhalts- und intensitätsmäßig standardisierten Situationsanregungen individuelle Verhaltensunterschiede bestimmt.

Allports idiographische Betrachtungsweise (S. 55-57)

Anfang der dreißiger Jahre geriten Eigenschaftstheorien zur Erklärung von Verhalten massiv ktitisiert worden. Dieser Umstand begründet sich zu einem nicht unwesentlichen Teil auf der sog. Interaktionismusdebatte die sich unter anderem am Konsiszenzparadox entzündet hatte.

Die Eigenschaftstheoretiker machen für diesen Konflikt Mißverständnisse verantwortlich.

Das bedeutendste Mißverständnis besteht in einer falsch verstandenen Radikalität der eigenschaftstheoretischen Erklärungen, als würde behauptet, Handeln sei ausschließlich oder vorwiegend von individuellen Dispositionen und nicht von Situationen bestimmt. Viel mehr wird nach Ansicht der meisten Eigenschaftstheoretikern eine Disposition erst dann wirksam, wenn eine Disposition vorliegt die mit der Situation kongruent ist. Personendispositionen und Situation lassen sich also überhaupt nicht voneinander trennen.

Wie im ersten Kapitel angerissen, warf das Konsitenzparadox wesentliche Fragen auf. ALLPORT ließ diese gefundenen Inkosistenzen nicht gelten. Sie gehen darauf zurück, daß die Untersucher jene Handlungsweisen und Situationen, die sie selbst für äquivalent halten auch bei allen ihrer Versuchspersonen voraussetzen. Inkonsistenz-Befunde sagen demzufolge weniger über die transsituale Inkonsistenz, als über die mangelde Übereinstimmung der Äquivalenzklassen zwischen Versuchsleitern und Versuchspersonen aus.

Aus diesem Grund verlangt ALLPORT eine idiographisch bereinigte Betrachtungsweise als Voraussetzung für einen nomothetischen Konsistenznachweis von Konsistenzdispositionen.

Eigenschaften als "neurophysische Einheit" (S. 57)

In seinem Buch von 1937 hatte ALLPORT die Konsistenz von Eigenschaften beschworen. Er definierte eine Persönlichkeitseigenschaft als eine neuropsychische Einheit. Nur MURRAY ist ihm darin noch gefolgt. Danach hat man bis heute Eigenschaften als Resultate eines langjährigen Lernprozesses angesehen.

Nur Temperamentsdispositionen hat man stets für angeboren gehalten.

Mit den großen Fortschritten, die Biochemie und Biologie bis heute gemacht haben, scheint ALLPORTs Überzeugung überraschende Belege zu erhalten.

Eysenck hat Extroversion/Introversion und Neurotizismus auf angeborene Funktionsunterschiede von Arealen des Hirnstamms zurückgeführt.Neuerdings ist man auch dazu übergegangen eine Reihe von Eigenschaften wie sensation seeking, Impulsivität oder Ängstlichkeit auf ihre Beziehungen zu physiologischen Variablen wie EEG, Hormone, Lateralität von Hirnfunktionen , vor allem aber auf biochemische Variablen wie verschiedene Neuroransmitter (Dopamin, Serotonin, Noradrenalin u.a.) zu untersuchen.

Neben Angst oder Furcht wären vor allem Aggressivität ein Beispiel dafür, daß Verhaltensunterschiede zwischen Individuen eine biochemische Grundlage haben.

Intuitiv-charakterologische Eigenschaftstheorie : P. Lersch (S. 58-59)

Hauptwerk LERSCHs ist der Aufbau des Charakters (1938) ab 1951 erschienen als Aufbau der Person. LERSCH bemüht sich, ein allgemeines persönlichkeitstheoretisches Beschreibungssystem aufzustellen.

LERSCH sieht Dispositionen als "verhältnismäßig gleichbleibende, von Mensch zu Mensch verschiedene habituelle Bereitschaften (1951). Es sind ausschließlich Personenfaktoren auf die LERSCH die individuellen Unterschiede des Handelns und dessen Stabilität zurückführt.

Es ist wenig überraschend, daß eine so radikal eigenschaftstheoretische Behandlung des Motivationsproblems wenig fruchzbar ist, und dementsprechend auch nur geringe Impulse auf andere Forscher weitergibt.