Vorauslaufende Bedingungen des Triebs (S.90)
Triebstärke hängt in direkter Funktion vom jeweiligen Bedürfniszustand des Organismus ab; vermittelt vermutlich duch Rezeptoren im Organismus für innere bedürfnisspezifische Reize.
Im wesentliche wurde das Nahrungsbedürfnis zur Induktion von Triebzuständen experimentell verwendet.
- $ Dabei hat sich erwiesen, daß die Gewichtsabnahme ein besserer Indikator für Triebstärke ist, als die Dauer der Nahrungsdeprivation.
- $ Andere Bedürfnisse als die Nahrungsaufnahme (u. Flüssigkeitsaufnahme), wie z.B. Sexualität oder Erkundung stellen im Sinne der Triebtheorie keine "Bedürfnisse" dar, da ihr Entzug kaum Auswirkungen auf das Verhalten hat.
Triebreize
Die Entstehung eines Triebzustandes soll gleichzeitig mit spezifischen Triebreizen (SD) einhergehen. Diese werden der strukturellen (assoziativen), nicht der motivationalen Komponente des Verhaltens zugerechnet.
- $ Die erzielten Forschungsergebnisse räumen den Triebreizen jedoch kaum Bedeutung ein. Wo z.B. Ratten bedürfnisspezifisch das jeweils erfolgreich Instrumentalverhalten schnell lernen, bieten sich andere Erklärungen als Überlegen an - nämlich über den Anreizmechanismus fragmentarischer Zielreaktionen (rG)
Unabhängikeit von Trieb und habit
Weder habit (die Lernkomponente) noch Trieb (die Motivationskomponente) bestimmen, je für sich alleine, das Verhalten sondern ihr multiplikatives Produkt. Dementsprechend sind die beiden Komponenten unabhängig.
- $ Es ist wohl ein Definitionsfrage, ob Trieb und habit voneinander unabhängig sind. Denn es gibt sekundäre, erworbene Triebe (Motive) wie Furcht, deren Aktivierung an bestimmte Hinweisreize gebunden ist. Hull führt diese gesondert an, weil er zum Trieb (D) nur nicht-gelernte Triebzustände rechnet.
Mitarbeiter und Schüler Hulls, wie Spence (1956), Miller (1956) und Brown (1961) dagegen rechnen alles, was motivierenden Charakter hat, unter (D) und haben damit das Postulat der Unabhängigkeit von Trieb und Reiz-Reaktionsverbindungen aufgegeben.
Energetisierende Wirkung der Triebes
Dies ist eine grundlegende hypothetische Setzung der Triebtheorie:
Die Motivationskomponente hat nur antreibende, aber keine steuernde Wirkung auf das Verahlten.
Bekräftigende Wirkung der Triebreduktion
Das Erlernen einer neuen Reiz-Reaktions-Verbindung, setzt voraus, daß ein Triebzustand besteht, der durch die Reaktion redutziert wird.
- $ Keines der anderen Postulate hat so viel Forschungsaktivität nach sich gezogen. Es ist viel Bestätigung gefunden worden, ea gibt allerding auch befunde die sicxh mit diesem Punkt der Triebtheorie nur schwer oder gar nicht in Einklang bringen lassen
Diese Postulat wirft einige Fragen auf, was unter Triebreduktion letztlich zu verstehen ist.
Am Beispiel der Nahrungsaufnahme :
- Ist es schon die konsummatorische Aktivität- das Fressen?
- Sind es die Reizmäßigen Folgen - z.B. Magentätigkeit ?
- Oder die schließlich erfolgenden Bedürfnisreduktionen im Organismus - Stoffwechseltätigkeit?
Um zu prüfen, ob konsummatorische Reaktionen das kritische Ereignis darstellen, hat Miller Scheinfütterungen durchgeführt, also Teile der konsummatorischen Sequenz ausgeschaltet.
- den oralen Teil, indem Nahrung direkt in den Magen eingeführt wurde.
- den gastritischen Teil in dem die Nahrung nach dem Fressen durch eine Speiseröhrenfistel wieder ausgeführt wurde.
Da unter beiden Bedingungen Lernen zu beobachten ist, muß die Triebreduktion wenigstens zum Teil an den konsummatorischen Akt geknüpft sein.
Sheffield undRoby (1950) zeigten, daß durstige Ratten eine instrumentelle Reaktion lernten, um eine Süßstofflösung statt einer gleichen Menge Wasser zu erhalten.
Da Süßstoff (Saccharin) keinen Nährwert hat, ist eine größere Bedürfnisreduktion auszuschließen.
Noch kritischer für eine radikale Sichweise der Triebtheorie sind die Befunde einer ganzen Klasse von Lernphänomenen, die nicht durch Reduktion organismischer Bedürfniszustände verursacht sein können, nämlich Neugier- und Erkundungsverhalten.
Nach Butler (1953) lernten Rhesusaffen eine Unterscheidungsaufgabe, "nur" damit sich ein Fenster öffnet das einen Blick aus dem Käfig gestattet.
Auch die Ergebnisse der Hirnreizungsforschung, ( elektrische Reizung bestimmter lateraler Hirnregionen im Hypothalamus - Lust- oder Freudenzentrum) scheinen Hulls Postulat eher in Frage zu stellen.
Allgemeiner Charakter des Triebes
Da habit und Trieb unabhängig sind, muß die habit-aktivierende Funktion des Triebes auch unabhängig von verschiedenen Quellen des Triebes sein. Trieb ist also die allgemeine Basisgröße , zu der sich spezifische Triebzustände, wie Durst und Hunger vereinigen. Eine Reaktion die unter Hungerbedingungen gelernt wurde, muß demnach auch ausgeführt werden, wenn nur Durst besteht und die ursprüngliche Reizsituation vorliegt.
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$ Die empirischen Befunde sind positiv wie negativ. Insgesamt muß jedoch festgestellt werden, daß das Postulat eines allgemeinen unspezifischen Triebes eher die Ausnahme als die Regel ist. (vgl. Bolles, 1965)
Erworbene Triebe, Trieb als starker Reiz
Allport (1937) stellte das Prinzip der funktionalen Autonomie auf. Es leugnet zwar nicht die historische Herkunft von Motiven aus primären Trieben, postuliert aber eine bald einsetzende Unabhängigkeit von dieser Herkunft.
Mitarbeiter Hulls (vor allem Mowrer und Miller), waren bemüht, die Triebtheorie auszuweiten, um auchz komplexeren Motivationsphänomenen wie Frustration, Konflikt und nicht primären Motivationsbedingungen gerecht zu werden. Ein Ergebnis war die Postulierung erworbener Triebe.
Frustration
Frustration entsteht durch Vereitelung von Reaktionen, die zum Ziel wo Triebbefriedigung stattfinden kann, hinführen oder durch Vereitelung von konsummatorischen Zielreaktionen wenn das Ziel schon erreicht ist . * Entweder gar kein Futter finden, oder wenn endlich Futter gefunden, feststellen müssen, daß das Futter verdorben ist*
Anscheinend beruht der Frustrationseffekt auf einer Steigerung jenes Triebes, dessen Befriedigung vereitelt wird.
Dollard, Doob, Miller, Mowrer und Sears (1939) behaupteten, daß Frustration zugleich notwendige und auch hinreichende Bedingung für Aggression ist; eine Auffassung, die aus mancherlei Gründen bestritten und präzisiert worden ist.
Furcht als erlernter Trieb
Wenn nicht bei aufsuchenden, so schien es doch bei aversiven Trieben gelungen zu sein, erlernte Triebe nachzuweisen. Hierzu bot sich das Vermeidungslernen an.
Wirksam scheint hier die Furcht zu sein. Furcht kann man als eine konditionierte Reaktion auf Schmerz, und Schmerz selbst als einen primären (und aversiven) Triebzustand ansehen.
Da sich zeigen ließ, daß auch in konditionierten Furchtzuständen und ohne daß der ursprünglich erfahrene Schmerz auftreten muß,Flucht. und Meidungsreaktionen gelernt und aufrechterhalten werden, scheint Furcht ein leicht zu erwerbender und sich selbständig machender Trieb zu sein, der sich an die verschiedensten Auslösebedingungen heften kann.
Diese Position eröffnet Erklärungsmöglichkeiten für viele menschliche Verhaltensweisen, die nicht direkt biologische Bedürfnisse befriedigen. So ließe sich das Streben nach Besitz, Macht, Geltung und Leistung als ein gelerntes Vermeidungsverhalten verstehen, das durch Furchtreduktion bekräftigt und aufrechterhalten wird und letztlich - verfolgt man die individuelle Kindheit zurück - seine Wurzeln in primären Trieben wie Hunger, Durst und Schmerz hat.
- $ Der Erklärungswert der Triebtheorie ist in ihren einzelnen Postulaten, wie auch in der Annahme von Furcht als erworbener Trieb, in wachsendem Maße fraglich geworden