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Zusammenfassung Kapitel 4 des Werkes Soziale Interaktion und Kommunikation des Autors Joseph  P.  Forgas

Eindrucksbildung vom Gestalt-Ansatz bis zu sozialen Verzerrungen

In den Kap. 1-3 haben wir gesehen, daß der Prozeß der Personenwahrnehmung nicht unpro­blematisch ist.

Unsere Urteile sagen mehr über unsere eigenen Erwartungen und Vorstellungen aus, als über die wirklichen Merkmale der Person die wir bewerten.

In den letzten Kapiteln hat uns beschäftigt, was wir sehen, wenn wir andere beurteilen. In die­sem Kapitel beschäftigt uns die Frage wie wir uns ein Urteil über andere bilden.

Welche mentalen Prozesse sind notwendig um aus bruchstückhaften oft Isolierten Wissens­fragmenten einen vollständigen, in sich stimmigen Eindruck von einem anderen Menschen zu bilden.

Als Erklärungsansatz bieten sich mehrere alternative Modelle an.

Stützen wir uns zunächst auf einige wenige zentrale Merkmale, denen wir dann alle weiteren wahrgenommenen Eigenschaften anpassen ?

Oder summieren wir die wahrgenommene Information auf und bilden dann eine Art Durch­schnitt?

 

Der Gestalt-Ansatz und die Hypothese des zentralen Merkmals

(Seite 54-57)

Der Name der Theorie steht für die Überzeugung, daß Menschen eher dazu neigen, ganzheitliche, unteilbare Formen wahrzunehmen.

Ein bedeutender Vertreter der Gestalt-Theorie ist Solomon Asch :

Die Eindrucksbildung ist ein ganzheitliche Prozeß, in dessen Verlauf bestimmte "zentrale" Merkmale einen unverhältnismäßig großen Einfluß gewinnen und zu Kristallisationspunkten für jegliche weitere Information über den betreffenden Menschen werden. (Asch 1946)

Asch konnte seine Theorie 1946 eindrucksvoll belegen:

Seine Probanden erhielten eine Liste mit Adjektiven die eine Zielperson beschreiben. Danach sollten die Vps Ihren Eindruck der Zielperson anhand von Persönlichkeitsmerkmalen wiedergeben. Die Liste der Adjektive wurde einmal in einem zentralen Merkmal verändert und einmal in einem peripheren Merkmal.

Folgt man einer arithmetischen Theorie der Eindrucksbildung hätten die Veränderungen der Adjek­tive nur einen verhältnismäßig geringen Einfluß auf den Gesamteindruck gehabt.

Ebenso hätte der Unterschied zwischen der Vertauschung des peripheren und des zentralen Merkmals nur geringfügig sein dürfen. (da im arithmetischen Modell ja eigentlich keine Gewichtung vor­kommt.)

Tabelle : Effekte der Veränderung eines zentralen Merkmals (Liste 1 vs Liste 2) und eines peripheren Merkmals (Liste 3 vs Liste 4) auf die Eindrucksbildung.

Zentrale Merkmale

periphere Merkmale

Stimulus Liste 1

Stimulus Liste 2

Stimulus Liste 3

Stimulus Liste 4

intelligent

intelligent

intelligent

intelligent

befähigt

befähigt

befähigt

befähigt

fleißig

fleißig

fleißig

fleißig

HERZLICH

KÜHL

HÖFLICH

UNGEHOBELT

entschlossen

entschlossen

entschlossen

entschlossen

praktisch

praktisch

praktisch

praktisch

vorsichtig

vorsichtig

vorsichtig

vorsichtig

Pers.merkmal

Prozentsatz der Prob. die der Zielperson das aufgeführte Merkmal zuschrieben

großzügig

91

8

56

58

weise

65

25

30

50

glücklich

90

34

75

65

gutmütig

94

17

87

56

humorvoll

77

13

71

48

gesellig

91

38

83

68

beliebt

84

28

94

56

menschlich

86

31

59

77

altruistisch

69

18

29

46

phantasievoll

51

19

33

31

Die Studie erweckte Interesse aber auch Kritik. Insbesondere wurden die wenig realitätsnahen Bedingungen der Urteilsbildung kritisiert.

Kelley (1950) replizierte die Studie unter realistischen Bedingungen.

Er legte die herzlich vs kühl Liste von Asch seinen Studenten als Beschreibung eines angekündigten Gastdozenten vor. Der Dozent sprach dann auch vor den Studenten und sollte später auf einer Reihe von Skalen eingeschätzt werden. Die aufgetretenen Effekte bestätigen die Untersuchung Asch's

 

Beurteilung

"herzlich" Beschreibung

"kühl" Beschreibung

egozentrisch

6.3

9.6

ungesellig

5.6

10.4

unbeliebt

4.0

7.4

formell

6.3

9.6

reizbar

9.4

12.0

humorlos

8.3

11.7

skrupellos

8.6

11.0

Je höher der Wert, umso eher wurde das Merkmal dem Dozenten zugeschrieben.

Die aufgetretenen Effekte bestätigen also die Untersuchung Asch's.