Kognitionspsychologische Linie (S. 37-39)
Auch die kognitionspsychologische Linie nimmt von Lewin ihren Ausgang. Diese Linie vertritt die Auffassung, daß Kognitionen über die gegenwärtige Lage eine Motivation entstehen lassen oder vorhandene Motivationen beeinflussen.
Es sind also Unausgewogenheiten, Widersprüche, Unverträglichkeiten im kognitiv Repräsentierten, die motivieren. Eine Reihe von Erklärungsansätzen sind entwickelt worden. Damit kommt der Vernunftbegriff in die Motivationsforschung zurück, der seit Darwin zunehmend daraus verdrängt schien.
Eine der Konsistenztheorien ist die von FRITZ HEIDER (1946,1960) entworfene Theorie der kognitiven Ausgewogenheit (cognitive balance). Danach können Beziehungen zwischen Gegenständen oder Personen ausgewogene oder unausgewogene kognitive Konfigurationen darstellen.
Bsp. von HEIDER anhand einer tiradischen Personenbeziehung :
- Person 1 kann Person 2 und Person 3 gut leiden.
- Person 2 und Person 3 mögen sich nicht.
Dieser Bruch der Einheitsbildung motiviert Person 1 zur Herrstellung einer Ausgewogenheit. Dadurch käme die Konfiguration der Beziehungen wieder zu einer guten Gestalt.
Eine andere Konsistenztheorie ist die Theorie der kognitiven Dissonanz von LEON FESTINGER (1957, 1964).
Eine solche Dissonanz entsteht, wenn mindestens zwei selbstwertrelevant Kognitionseinheiten sich nicht in Übereinstimmung bringen lassen. Das führt zu einer Motivation die enstandene Dissonanz zu verringern, was duch Veränderung des Verhaltens, Änderung der dissonanten Kognitionen oder durch Suche nach neuen Informationen und Überzeugungen erreicht werden kann.
Die kognitionspsychologische Linie, wird im wesentlichen von Sozialpsychologen verfolgt. Im Vordergrund der Verhaltenserklärunungen stehen verschiedenartige Situationsfaktoren sowie Einstellungen als Personenfaktoren.
Persönlichkeitspsychologische Linie (S. 39-41)
In den dreißiger Jahren trat eine Persönlichkeits-Bewegung hervor. Wortführer war der deutsche Psychologe WILLIAM STERN (1871-1938) der 1935 eine "Allgemeine Psychologie auf personalistischer Grundlage" veröffentlichte.
Er ist somit ein Begründer der differentiellen Psychologie, die mit Hilfe psychometrischer Verfahren Merkmalsunterschiede zwischen Menschen untersucht. Sein zentraler Erklärungsbegriff waren Eigenschaften, die er in treibende (Richtungsdispositionen) und instrumentelle (Rüstungsdispositionen) unterteilte. Die treibenden Eigenschaften (Richtungsdispositionen) besitzen motivationalen Charakter.
STERNs einflußreichster Schüler war G.W.ALLPORT (1879-1967) . Er hat die STERNschen Grundauffassungen aufgegriffen und fortentwickelt. Deutsche Verstehenspsychologie, MCDOUGALLSCHER Dynamismus und amerikanischer Empirismus mischen sich zu einem Plädoyer, die individuelle Person als unverwechselbares System aufzufassen, das ständig in Entwicklung und Zukunftsorientiert ist.
Nach ALLPORTs Überzeugung kann man dem nicht nomothetischen Verfahren gerecht werden, sondern nur mit idiographischen. Bekannt geworden ist ALLPORTs Prinzip der funktionalen Autonomie der Motive. Es wendet sich gegen alle Theorien, Motive des Erwachsenen etwa auf frühkindliche Triebschicksale (Freud) oder auf bestimmte Klassen von Instinkten oder Bedürfnissen zurückzuführen.
Diese Orientierung hat sich in den USA vor allem in der Humanistischen Psychologie fortgesetzt. Hauptvertreter ist ABRAHAM MASLOW (1908-1970).
Maslow postulierte eine Hierarchie der Bedürfnisse. Niedere Bedürfnisse müssen zuvor befriedigt werden, ehe höhere Bedürfnisse zum Zuge kommen.
Schließlich ist noch eine Richtung unter den Eigenschaftstheoretikern zu nennen, die mit dem gesamten Aufwand multivariater Erhebungs- unsd statistischer Analysetechniken zu Werke geht. Ihr Vertreter ist der Britisch-Amerikaner R.B. CATELL (1957,1965,1974) CATTELs Lehrer war SPEARMAN, der zu den Begründern der Faktorenanalyse gehört. Mit Hilfe faktorenanalytischer Verfahren hat CATTEL ein komplexes Beschreibungssystem von Persönlichkeitseigenschaften konstruiert. Er stützt sich dabei fast ausschließlich auf die Interkorrelationen von Daten aus thematisch weit gestreuten Fragebögen und Tests. Unter den dabei sich "ausfällenden" Beschreibungsdimensionen (Faktoren) sind auch drei Arten denen er motivationalen Charakter zuschreibt :
Einstellungen (attitudes), Werthaltungen (sentiments) und Triebe (ergs).
Assoziationstheoretischer Problemstrang (S. 41-53)
Der Assoziationstheoretische Problemstrang der Motivationsforschung läßt sich mit THORNDIKE und PAWLOW in zwei Linien aufteilen, in die lernpsychologische und die aktivierungspsychologische Linie.
Es war Herbert Spencer (1820-1903), der auf den Gedanken kam, daß im Laufe der Entwicklungsgeschichte Lustgefühle mit solchen Verhaltensweisen gekoppelt worden sein müssen, die einen Überlebenswert haben, also die in der Auseinandersetzung mit der Umwelt erfolgreich sind.
Lust und Unlust sind demnach keine Zielzustände die um ihrer selbst Willen angestrebt oder vermieden werden, wie vom klassischen Hedonismus postuliert. Sondern vielmehr Begleitumstände, die das Erlernen neuer Verhaltensweisen beeinflussen, indem sie das Auftreten früherer erfolgreivjer Handlungen wahrscheinlicher machen.