Beitragsseiten

Persönlichkeitstheoretischer Problemstrang (S. 30-41)

Die Probleme dieser Linie werden ausschließlich humanpsychologisch angegangen. Motivation wird als Schlüsselbereich zum Verständnis der Persönlichkeit als solche oder zum Verständnis interindividueller Unterschiede angesehen.
Motivation wird auch als Prozeß untersucht, der aktuelles Verhalten erklären soll. (motivations- und kognitionspsychologische Linie.

Als einer der Pioniere gilt FREUD (1856-1939). Ihm ging es um die Erklärung unverständlich erscheinender Verhaltensweisen durch klinische Beobachtung sowie Verfahren zur Provokation und Deutung ausgefallener Bewußtseinsinhalte. Dazu benutzte er Hypnose, Traumdeutungen, freie Assoziationen. Er war überzeugt, daß verborgene nicht-bewußte Prozesse unser Handeln lenken. Freud sah im Unbewußten Triebe in einer biologisch-vitalen Triebdynamik. Im Bewußtsein sah er bruchstückhafte Abkömmlinge einer ununterbrochenen Tätigkeit des Unbewußten.

Es sind die inneren Reize mit denen der psychische Apparat fertig werden muß. FREUDs Motivationsmodell stellt sich als Triebreduktionsmodell dar. Der Organismus ist umso mehr im Gleichgewicht, je niedriger der angestaute Triebreizpegel ist. Jede Verminderung führt zu Lustgefühlen jede Erhöhung zu Unlustgefühlen. Das Seelenleben ist somit ein dynamisches Konfliktgeschehen. Sein hauptsächliches Forschungsinteresse galt primär dem Sexualtrieb. Einige wesentliche Punkte aus FREUDs Theoriengebäude.

Triebimpulse äußern sich auf unterschiedliche Art und Weise. Fehlt bei hohem Triebintensität ein Triebobjekt zur Befriedigung, so machen sich die unerfüllten Triebwünsche als Vorstellungen früherer Trieberfüllungen im Bewußtsein bemerkbar.

Das Seelenleben ist ein ständiger Konflikt zwischen widerstreitenden Tendenzen innerhalb der Person. Diese Tendenzen verteilt Freud auf drei Instanzen.

  • Es : Tendenz zur Lustsuche und Lustgewinn
  • Über-Ich : moralische Instanz die das Es kontrolliert.
  • Ich : Vermittler zwischen Über-Ich und Es zur Realitätsanpassung.

Die erwachsene Perönlichkeit ist ein Ergebnis von Triebschicksalen während der Kindheit. Mit Hilfe psychoanalytischer Therapieverfahren können die Anlässe frühkindlicher Entwicklungsstörungen wiederaufgegriffen und dann "wiederaufgearbeitet" werden.

Die Triebentwicklung durchläuft verschiedene psychosexuelle Phasen, die jeweils eine bestimmte erogene Zone dominiert.

  • Mund / orale Phase : Saugen, Schlucken, Beißen
  • After / anale Phase : Darmausscheidungen.
  • Geschlechtsorgane / genitale Phase oder phallische Phase: Masturbation, hetero- oder homosexueller Sex.

Die Triebentwicklung kann in einer Phase steckenbleiben (Fixierung)

Ödipuskomplex: Das Kind möchte zum gegengeschlechtlichen Elternteil sexuelle Beziehungen aufnehmen und sieht sich dabei vom gleichgeschlechtlichen Elternteil bedroht. (Kastrationsangst)

Als Perönlichkeitstheoretiker weitaus ergiebiger und erfolgreicher war KURT LEWIN (1890-1947) und zwar nicht in einem differentiel- sondern einem allgemeinpsychologischen Sinne. Mit seinen Schülern stellte er zahlreiche Untersuchungen zur Handlungs- und Affektpsychologie an.

Einige seiner experimentalisierten Sachverhalte, wie etwa der Ersatzwert von alternativen Tätigkeiten für eine unerledigte Handlung, haben eine unmittelbare Problemnähe zu Freuds Theorieansätzen. In einer Feldtheorie setzt er die psychologischen Kräfte als Vektoren an. Sie gehen von Objekten und Regionen der Umwelt aus , die einen Aufforderungscharakte (Valenz) haben. Diese Kräfte wirken sich auf die Person aus und determinieren ihr Handeln.

LEWINs Bestreben war darauf gerichtet, eine bestehende psychologische Gesamtsituation (Lebensraum), in einer vereinheitlichten Weise als Momentaufnahme eines Kräftespiels und in Begriffen einer allgemeinen Dynamik festzuhalten.

Letztlch ist für FREUD wie für LEWIN die Wiederherstellung eines gestörten Gleichgewichts das tragende Motivationsprinzip. Handeln wird grundsätzlich als eine Funktion von Person und wahrgenommener Umgebung erklärt: als allgemeine Verhaltensgleichung:

V=f(P,U)

Von Lewin beeinflußt verzweigen sich die Einflußlinien :

  • TOLMAN lernpsychologische Linie
  • ALLPORT persönlichkeitspsychologische Linie
  • HENRY A. MURRAY (dreißiger Jahre), J.W. ATKINSON (fünfziger Jahre) V.H. VROOM (sechziger Jahre) motivationspsychologische Lienie der persönlichkeitstheoretisch orientierten Motivationsforschung.


Motivationspsychologische Linie (S. 33-37)

Im Bemühen, mehr Klarheit in arbeitspsychologische Befunde zu Arbeitsplatzzufriedenheit und Arbeitsleistung hineinzubringen entwickelte VROOM (1964) die sogenannte Instrumentalitästheorie. Der Grundgedanke ist so einfach wie einleuchtend.

Handlungen haben in der Regel eine Reihe von Folgen, die für den Handelnden positive oder negative Anreizwerte von unterschiedlicher Stärke haben.

I Die Handlungs-Ergebnis-Folgen werden durch Vorstellungen vorweggenommen und motivieren so den Handelnden.

In der Instrumentalitätstheorie müssen zunächst individuelle Valenzen (Lewins Aufforderungscharaktere) der subjektiv möglichen Folgen des eigenen Handelns erfaßt und jeweils mit der sogenannten Instrumentalität multipliziert werden.

Dabei bezeichnet die Instrumentalität den Grad der Erwartung, daß ein Handlungsergebnis die entsprechende Folge nach sich zieht. Die Summe aller dieser Produkte von Valenz und Instrumentalität aller Einzelfolgen ergibt eine instrumentalitätsgewichtete Gesamtvalenz eines möglichen Handlungsergebnisses, das dann den Handelnden motiviert.

Die Instrumentalitätstheorie ist demnach eine ausdifferenzierte Form des Erwartungs-mal-Wert-Modells wie es von LEWIN und TOLMAN in der Grundform konzipiert wurde.

Von MURRAY vorbereitet gelang MCCLELLAND und ATKINSON Anfang der fünfziger Jahre ein Durchbruch : nämlich die genauere Eingrenzung eines einzelnen Motivs, des Leistungsmotivs ; die Entwicklung eines validen Verfahrens zur Messung individueller Unterschiede auf der Grundlage des von Murray entwickelten Thematischen Auffassungstests (TAT).

Atkinson (1957,1964) entwickelte auch ein formalisiertes Motivationsmodell -das Risiko-Wahl-Modell. Einerseits präzisierte er die Erwartungskomponente unter den McClellandschen Postulaten, indem er sie als subjektive Wahrscheinlichkeit von Erfolg, also der Zielerreichung definierte (We); andererseits verknüpfte er dies multiplikativ mit dem Anreiz des Erfolgs (Ae), der Zielerreichung.

Das Erwartungs-mal-Wert Produkt WexAe würde Entscheidungen völlig rationaler Menschen voraussetzen. Aus diesem Grund tat Atkinson einen wesentlichen Schritt nach vorne, indem er individuelle Motivunterschiede berücksichtigte. Er fügte dem Produkt von Erfolgswahrscheinlichkeit und Erfolgsanreiz noch eine Dispositionsvariable hinzu : das Motiv, Erfolg zu erzielen (Me).

Somit läßt sich die aktuelle Motivationstendenz (Te) vorhersagen, wenn subjektive Wahrscheinlichkeit von Erfolg (We), Anreiz des Erfolgs (Ae) und das Motiv Erfolg zu erzielen (Me) bekannt sind:

Te = Me x Ae x We