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Einige Konsequenzen der Klassifizierung von Menschen

(Seite 51-52)

Daß die Kategorisierung von Menschen retrospektive Konsequenzen haben kann, zeigten Sny­der und Uranowitz (1978):

Jede Versuchsperson erhält ausführliche Informationen zur Biographie von Barbara K. (Kindheit, Freundschaften, Beruf ...). Danach werden drei Gruppen gebildet von denen jede eine Zusatzinfor­mation erhält:

  1. Barbara K. ist eine "typische" Heterosexuelle.
  2. Barbara K ist eine "typische" Lesbierin.
  3. keine Information zu Barbara K.´s sexueller Präferenz.

Eine Woche später hatten die Probanten Barbara K.´s Lebenslauf möglichst genau zu beschreiben.

Versuchspersonen der Gruppe zwei interpretierten die Biographie in Teilen um und berichteten von mehr auf die Homosexualität hindeutenden Ereignissen als die beiden anderen Gruppen.

Die kategoriale Etikettierung hat auch dann einen Einfluß wenn die relevanten Informationen bereits aufgenommen und systematisiert wurden und die Etikettierung erst später erfolgt.

Nach erfolgter Kategorienzuweisung neigen wir dazu nur noch solche Information aufzunehmen die bereits erfolgte Kategorisierung bestätigen.

Die Klassifikation wirkt also als Wahrnehmungsfilter !

Einige praktischen Schlußfolgerungen

(Seite 52)

Kategorisierungen sind notwendig, müßten wir jeden Menschen individuell bewerten, wäre un­sere Informationsverarbeitungskapazität bald erschöpft. Kategorisierungen sind also zweifellos eine Hilfe, sie bergen aber gleichzeitig auch das Risiko falscher Eindrucksbildung..

Wir müssen lernen unsere Wahrnehmungfilter zu hinterfragen denn nur dann haben wir die Möglichkeit unsere Kategorien im Lichte späterer Erfahrungen zu modifizieren.

Die universelle Tendenz zur Kategorisierung können wir uns aber zunutze machen. Gelingt es uns während der ersten Begegnung beim Gegenüber positive Kategorien zu aktivieren, besteht die Chance, daß dieser Prototyp über spätere Eindrücke die Oberhand behält. (z.B. Bewer­bungsgespräche)

Schlußbemerkung

(Seite 53)

  • Das Klassifizieren von Menschen ist ein wesentlicher Teil der Personenwahrnehmung.
  • Kategorienkonsistente Information kann i.d.R. besser erinnert werden.
  • Klassifikationen können die Wahrnehmung auch verzerren.
  • Klassifikationen können Information auch retrospektiv im Sinne einer bestimmten Kategorie verfälschen.
  • Klassifikationen können dazu führen, daß wir selektiv nach Information suchen, die Kategorie bestätigen.
  • Personenwahrnehmung, lassen sich nicht auf einfache rationale Informationsverarbeitungs-prozesse reduzieren. Emotionen spielen eine wesentliche Rolle.
  • Zur Informationsverarbeitung stehen uns mehrere Strategien zur Verfügung. Wir verfahren je nach Art der Personenkategorie (und unserer emotionalen Beziehung zu dem bestimmten Pro­totyp) unterschiedlich.