Paradgimen der klinischen Psychologie
Ein Paradigma ist ein System grundlegender Annahmen bzw. eine allgemeine Perspektive, das beeinflusst, wie man abweichendes Verhalten definiert, untersucht und behandelt (auch Modellannahme/Theorie). Diesen Paradigmen kann man als verschiedene Ursachenkonzepte verstehen, deren Zusammenstellung ein plausibles Erklärungsmodell geben. Welches Modell höchsten Erklärungswert besitzt, hängt von Fragestellung, Problemkonstellation, Stand der Forschung und empirischer Evidenz ab.
Das biologische Paradigma
Hypothese: Psychische Störungen werden (ausschließlich) durch abnorme biologische Prozesse verursacht
Methode / Forschungsansätze:
- Verhaltensgenetik (Einfluss gen. Ausstattung)
- Biochemie (psych. Störungen aufgrund biochem. Störungen)
Behandlung: Z. B. Psychotrope Substanzen
Kritik: Tendenz zum Reduktionismus, das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile --> nur noch selten verwendet, eher psycho-biologisch
Das humanistische und existentielle Paradigma auch „Erfahrungsparad.“ oder „phänomenologisches Parad.“
Wichtige Konzepte: Freier Wille / Entscheidungsfreiheit des Einzelnen, Verantwortung und Angst, Persönliche Entfaltung, Wachstum, Ganzheitlichkeit
Hypothese: Psychische Störungen basieren auf Entfremdung und dem Nichtwahrnehmen eigener Bedürfnisse, Diskrepanz zwischen Real-und Idealselbst, Frustration, Verleugnung des angeborenen Guten
Therapeutische Methoden: Empathie und Wärme, Positive Wertschätzung, Rollenspiele und kreative Techniken
Ziele: Selbstverwirklichung, Bewusstsein, wie man sich selbst vom Erreichen eigener Ziele und der Befriedigung eigener Bedürfnisse abhält
Kritik: zweifelhafte Annahme, dass Mensch von Natur aus gut ist
- Ätiologiekonzept sehr allgemein, nicht störungsorientiert
- Zweifelhafte Validität, dass Einsicht in Probleme zur Behandlung psychischer Probleme ausreicht
Das kognitiv-behaviorale Paradigma
Hypothese:
- Psychische Störungen basieren auf neg. kognitiven Schemata, Irrationalität, Denkfehlern, die die Informationsverarbeitung beeinflussen
- --> Wahrnehmungstrichter:
- Kognitive Verzerrungen (Beck): Alles-oder-Nichts-Denken, Überstarke Verallgemeinerung, Voreilige Schlussfolgerung
- Gedankenlesen, Wahrsagen, Übertreibung, Untertreibung, Emotionale Beweisführung, Personalisieren
Therapeutische Methoden: Training im Problemlösen, Selbstinstruktionstraining, Stressimpfungstraining, Strategien der Re-Attribuierung
Kritik: Empirische Validierung von Schemata oft schwierig, Rolle dysfunktionaler Kogn. bei der Entstehung / Aufrechterhaltung psych. Störungen z. T. unklar (Korrelat vs. ursächlich?)
Entwicklungspfade nach Sroufe (1997)
4 generelle Entwicklungsverläufe
- kontinuierliche Fehlanpassung
- kontinuierliche pos. Anpassung
- zunächst Fehlanpassung, dann positive Veränderung
- zunächst positive Anpassung, dann negative Veränderung
Weitere Entwicklungsmodelle können folgendermaßen klassifiziert werden:
Das psychoanalytische Paradigma
Hypothese:
- Psychische Störgn. basieren auf unbewussten Problemen
- Ursachen dieser: Konflikte zwischen den drei psychischen Instanzen (Es, Ich und Über-Ich) in den verschiedenen Phasen der psychosexuellen Entwicklung (oral, anal und phallisch),
- Abwehrmechanismen schützen das Ich vor Angst
(Therapeutische) Methoden:
- Traumanalyse, freie Assoziationen, Übertragungsneurose
- Ziel: Aufhebung des verdrängten Kindheitskonfliktes
Kritik: Keine Objektivität (Einzelfallbeobachtungen während der Therapiesitzungen); kleine, ausgewählte Stichprobe (wohlhabende Wiener) --> Zweifelhafte Reliabilität und Validität
Aber 4 anerkannte Annahmen:
- Kindheitserfahrungn tragen zur Persönlichkeitsbildung bei
- Verhalten wird durch unbewusste Prozesse beeinflusst
- Menschen setzen (Abwehr-)Mechanismen ein, um Angst oder Stress bzw. Konflikte zu bewältigen.
- Ursachen+Zweck menschl. Verh. nicht immer offenkundig
Das klassisch lerntheoretische Paradigma
Hypothese: Psychische Störungen werden auf dieselbe Art und Weise erlernt wie normales Verhalten:
- Klassische Konditionierung (gleichzeitiges Erleben von neutralen und aversiven Reizen) + Operante Konditionierung (Positive und negative Folgen)
- Modelllernen (Stellvertretendes Lernen durch Beobachtung)
Therapeutische Methoden:
- Gegenkonditionierung und Konfrontation („Löschung“)
- Operante Konditionierung
- Modelllernen
Kritik: Angenommene Lernerfahrungen sind bisher nicht überzeugend nachgewiesen, Offensichtlich finden auch kognitive Prozesse statt
Das Diathese-Stress-Modell - Ein integratives Paradigma
--> nicht auf eine bestimmte Schule festgelegt
Hypothese: Zur Entwicklung einer Störung sind sowohl Diathese (=Vulnerabilität) als auch Stress (= Belastungen) notwendig, inner und äußere Ressourcen heben die Schwelle zur Entwicklung einer Störung an
Methoden
- Stärkung der Ressourcen
- Verminderung der Belastungen
Interaktionsmodelle
Interaktionsmodelle gehen von Interaktionen auf verschiedenen Ebenen aus, die sich auf den Entwicklungsprozess auswirken und bspw. eine Störung verursachen / begünstigen können.