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Die klinische Psychologie ist eine Teildisziplin der Psychologie, die sich mit psychischen Störungen und psychischen Aspekten somatischer Störungen/Krankheiten beschäftigt. Themen, die zu Klinischer Psychologie gehören, sind:

  • Klassifikation, Diagnostik
  • Ätiologie/Bedingungsanalyse
  • Epidemiologie, Gesundheitsversorgung, Evaluation
  • Intervention (Prävention, Psychotherapie, Rehabilitation)

Psychische Störung

Der wichtigste Begriff der klinischen Psychologie ist der der psychischen Störung. Dabei kann man von einer einfachen Abweichung bishin zur Störung unterscheiden, verschiedene, insbesondere soziokulturelle Normen, sind zentral bei der Störungsdefinition - das heißt Störungen sind auch immer gesellschaftsabhängig.

Man unterscheidet außerdem zwischen

  • einem Symptom (z. B.  niedergedrückte Stimmung)
  • einem Syndrom (z. B. depressives Syndrom = Symptommuster)
  • und einer Störung (z. B. Major Depression = Symptommuster + weitere Kriterien)

Die psychische Störung ist definiert als: eine Gruppe von klinisch erkennbaren Symptomen oder Verhaltensweisen, die mit Leiden (des Betroffenen oder der sozialen Umwelt) und einer Einschränkung der persönlichen Funktions- und Leistungsfähigkeit einhergehen

… Psychische Störungen als Normabweichung (s. Abbildung)

… In der Praxis - Kombination verschiedener Normen:

  • subjektive Belastung oder Leiden häufig als Kriterium (Gewohntes Erleben der Betroffenen als Bezug, (z.B. Depr.: „depressive Stimmung in einem für die Betroffenen deutl. ungewöhnlichen Ausmaß“)
  • Beeinträchtigung der individuellen und sozialen Funktionsfähigkeit häufig als Kriterium
  • Soziale Normen oft implizit / als Akzentuierung(= noch keine Störung, sondern Persönlichkeitsakzent) (z.B. bei Depression körperliche vs. psychische Symptome kulturell verschieden)
  • Soziokulturelle Wertungen manchmal zentral bei Störungsdefinition (z.B. Homosexualität, Sadomasochismus)
  • Statistische Normen häufig als Cut-Offs in Fragebögen (ersetzen aber nicht Diagnostik, weil Fragebogen = Selbstbeobachtung vs. Klassifikation = Fremdbeobachtung durch Experten)

 

 


Ätiologie

= Suche nach den Ursachen psychischer Störungen:

  • Prädisponierende Faktoren, lebensgeschichtlich weiter zurückliegende Faktoren, z. B. Gewalterfahrungen, Temp.
  • Auslösende Faktoren z.B. Verlusterlebnisse, Misserfolge im Beruf
  • Aufrechterhaltende Faktoren z. B. Vermeidungsverhalten

 

Epidemiologie

= die Untersuchung der Verteilung und der Determinanten (Prävalenz, Inzidenz) von gesundheitsbezogenen Zuständen oder Ereignissen  psychische Störungen in umschriebenen Bevölkerungsgruppen (Allgemeinbevölkerung, Risikogruppen, Bewohner einer Einrichtung (z. B. Kinderheim)) sowie die Anwendung dieser Ergebnisse zur Steuerung von Gesundheitsproblemen (1. Interpretation à Ursachenforschung, 2. Prävention, Versorgung)

= Aufgabenbereiche: Untersuchung der Verteilung

  • Untersuchung des Bedarfs, der Inanspruchnahme und Evaluation von Gesundheitsdiensten
  • Untersuchung des „natürlichen Verlaufs“
  • Entwicklung von Interventions-und Präventionsmaßnahmen Bundes-Gesundheitssurvey 1998/99
  • Entwicklung / Verbesserung von Klassifikation und Erfassungsmethoden
  • Risikofaktorenforschung

 

Prävalenz = Anteil der Personen in einer definierten Population, der

  • zu einem bestimmten Zeitpunkt = Punktprävalenz
  • innerhalb eines bestimmten Zeitraums = Periodenprävalenz
  • über die gesamte Lebensspanne hinweg = Lebenszeitprävalenz

eine interessierende Zielgröße aufzeigt (z. B: psychische Störungen)

 

Inzidenz = Anzahl der Neuerkrankungen in einem bestimmten Zeitraum und einer definierten Population


Paradgimen der klinischen Psychologie

Ein Paradigma ist ein System grundlegender Annahmen bzw. eine allgemeine Perspektive, das beeinflusst, wie man abweichendes Verhalten definiert, untersucht und behandelt (auch Modellannahme/Theorie). Diesen Paradigmen kann man als verschiedene Ursachenkonzepte verstehen, deren Zusammenstellung ein plausibles Erklärungsmodell geben. Welches Modell höchsten Erklärungswert besitzt, hängt von Fragestellung, Problemkonstellation, Stand der Forschung und empirischer Evidenz ab.

 

Das biologische Paradigma

Hypothese: Psychische Störungen werden (ausschließlich) durch abnorme biologische Prozesse verursacht

Methode / Forschungsansätze:

  • Verhaltensgenetik (Einfluss gen. Ausstattung)
  • Biochemie (psych. Störungen aufgrund biochem. Störungen)

Behandlung: Z. B. Psychotrope Substanzen

Kritik: Tendenz zum Reduktionismus, das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile -->  nur noch selten verwendet, eher psycho-biologisch

 

Das humanistische und existentielle Paradigma auch „Erfahrungsparad.“ oder „phänomenologisches Parad.“

Wichtige Konzepte: Freier Wille / Entscheidungsfreiheit des Einzelnen, Verantwortung und Angst, Persönliche Entfaltung, Wachstum, Ganzheitlichkeit

Hypothese: Psychische Störungen basieren auf Entfremdung und dem Nichtwahrnehmen eigener Bedürfnisse, Diskrepanz zwischen Real-und Idealselbst, Frustration, Verleugnung des angeborenen Guten

Therapeutische Methoden: Empathie und Wärme, Positive Wertschätzung, Rollenspiele und kreative Techniken

Ziele: Selbstverwirklichung, Bewusstsein, wie man sich selbst vom Erreichen eigener Ziele und der Befriedigung eigener Bedürfnisse abhält

Kritik: zweifelhafte Annahme, dass Mensch von Natur aus gut ist

  • Ätiologiekonzept sehr allgemein, nicht störungsorientiert
  • Zweifelhafte Validität, dass Einsicht in Probleme zur Behandlung psychischer Probleme ausreicht

 

Das kognitiv-behaviorale Paradigma

Hypothese:

  • Psychische Störungen basieren auf neg. kognitiven Schemata, Irrationalität, Denkfehlern, die die Informationsverarbeitung beeinflussen
  • --> Wahrnehmungstrichter:
  • Kognitive Verzerrungen (Beck): Alles-oder-Nichts-Denken, Überstarke Verallgemeinerung, Voreilige Schlussfolgerung
  • Gedankenlesen, Wahrsagen, Übertreibung, Untertreibung, Emotionale Beweisführung, Personalisieren

Therapeutische Methoden: Training im Problemlösen, Selbstinstruktionstraining, Stressimpfungstraining, Strategien der Re-Attribuierung

Kritik: Empirische Validierung von Schemata oft schwierig, Rolle dysfunktionaler Kogn. bei der Entstehung / Aufrechterhaltung psych. Störungen z. T. unklar (Korrelat vs. ursächlich?)

 

Entwicklungspfade nach Sroufe (1997)

4 generelle Entwicklungsverläufe

  • kontinuierliche Fehlanpassung
  • kontinuierliche pos. Anpassung
  • zunächst Fehlanpassung, dann positive Veränderung
  • zunächst positive Anpassung, dann negative Veränderung

Weitere Entwicklungsmodelle können folgendermaßen klassifiziert werden: 

 

Das psychoanalytische Paradigma

Hypothese:

  • Psychische Störgn. basieren auf unbewussten Problemen
  • Ursachen dieser: Konflikte zwischen den drei psychischen Instanzen (Es, Ich und Über-Ich) in den verschiedenen Phasen der psychosexuellen Entwicklung (oral, anal und phallisch),
  • Abwehrmechanismen schützen das Ich vor Angst

(Therapeutische) Methoden:

  • Traumanalyse, freie Assoziationen, Übertragungsneurose
  • Ziel: Aufhebung des verdrängten Kindheitskonfliktes

Kritik: Keine Objektivität (Einzelfallbeobachtungen während der Therapiesitzungen); kleine, ausgewählte Stichprobe (wohlhabende Wiener) --> Zweifelhafte Reliabilität und Validität

 Aber 4 anerkannte Annahmen:

  • Kindheitserfahrungn tragen zur Persönlichkeitsbildung bei
  • Verhalten wird durch unbewusste Prozesse beeinflusst
  • Menschen setzen (Abwehr-)Mechanismen ein, um Angst oder Stress bzw. Konflikte zu bewältigen.
  • Ursachen+Zweck menschl. Verh. nicht immer offenkundig

 

Das klassisch lerntheoretische Paradigma

Hypothese: Psychische Störungen werden auf dieselbe Art und Weise erlernt wie normales Verhalten:

  • Klassische Konditionierung (gleichzeitiges Erleben von neutralen und aversiven Reizen) + Operante Konditionierung (Positive und negative Folgen)
  • Modelllernen (Stellvertretendes Lernen durch Beobachtung)

Therapeutische Methoden:

  • Gegenkonditionierung und Konfrontation („Löschung“)
  • Operante Konditionierung
  • Modelllernen

Kritik: Angenommene Lernerfahrungen sind bisher nicht überzeugend nachgewiesen, Offensichtlich finden auch kognitive Prozesse statt

 

Das Diathese-Stress-Modell  -  Ein integratives Paradigma

 --> nicht auf eine bestimmte Schule festgelegt

Hypothese: Zur Entwicklung einer Störung sind sowohl Diathese (=Vulnerabilität) als auch Stress (= Belastungen) notwendig, inner und äußere Ressourcen heben die Schwelle zur Entwicklung einer Störung an

Methoden

  • Stärkung der Ressourcen
  • Verminderung der Belastungen

 

 

 

Interaktionsmodelle

 

Interaktionsmodelle gehen von Interaktionen auf verschiedenen Ebenen aus, die sich auf den Entwicklungsprozess auswirken und bspw. eine Störung verursachen / begünstigen können.