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Hierarchie-Modell der Motivklassen : A. Maslow (S. 68-71)

MASLOWS Motivkalssifikation wie sie in seinem Buch "Motivation and Personality" vorliegt ist eigenschaftstheoretisch orientiert. Maslow zählt zu den Begründern der Humanen Psychologie, die sich nach dem II Weltkrieg in den USA, unter dem Einfluß exixtentialistischen Gedankenguts (Sartre , Camus ) aus Europa, herausbildete.

Diese Bewegung versuchte sich von den Einseitigkeiten einer rein behavioristischen oder einer rein psychoanalytischen Betrachtungsweise freizumachen, um Fragen der Wertorientierung und des Lebenssinns in den Mittelpunkt persönlichkeitstheoretischer Forschung zu stellen.

Zwar ist der Mensch biologisch determiniert - im Sinne von angeborenen Möglichkeiten und einer Entfaltung während der Reifungsprozesse, aber er unterscheidet sich grundsätzlich von nicht-menschlichen Lebewesen durch seine Fähigkeit und Bedürfnis nach wertgeladener Selbstverwirklichung.

MASLOW grenzte keine einzelnen Motive sonder Motivgruppen voneinader ab. Diese Motivgruppen wurden in einer Hierarchie bezüglich ihrer Rolle in der Persönlichkeitsentwicklung geordnet.

Auch in der Ansicht des Wirkmechanismus dieser Motive entwickelte MASLOW eine neue Darstellungsweise. Nur solange ein Bedürfnis unbefriedigt ist, aktiviert und beeinflußt es das Handeln. Dabei wird das Handeln weniger von innen getrieben (pushes) als vielmehr von den Möglichkeiten der Bedürfnisbefriedigung angezogen (pulled). MASLOW postuliert zudem ein Prinzip der relativen vorrangigkeit von niedrigeren Bedürfnissen. Es besagt, daß zunächst immer das Bedürfniss einer niedrigeren Hierarchieebene befriedigt sein muß, ehe ein höheres Bedürfnis überhaupt aktiviert wird und damit das Handeln bestimmen kann.

Niedere Bedürfnisgruppen bezeichnet MASLOW als Mangelbedürfnisse (deficiency needs ; z.B. Hunger ), höhere als Wachstumsbedürfnisse (growth needs).

In 16 Punkten typisiert MASLOW Unterschiede zwischen niederen und höheren Bedürfnissen. Hier einige seiner Punkte :

  • Das höhere Bedürfnis stellt eine spätere Stammesgeschichtliche Entwicklung dar.
  • Je höher das Bedürfnis, umso weniger dringlich ist es für das bloße Überleben, umso leichter kann die Befriedigung zurückgestellt werden und umso leichter ist es für das Bedürfnis auf Dauer zu verschwinden
  • Auf einem höheren Bedürfnisniveau zu leben bedeutet größere biologische Effizienz, längeres Leben, besseren Schlaf etc.
  • Das höhere Bedürfnis ist subjektiv weniger dringend.
  • Befriedigung höherer Bedürfnisse schafft mehr an wünschbaren und persönlichen Erlebnissen, d.h. tiefers Glück , Heiterkeit und inneren Reichtum.

MASLOWs Motivklassifikation im Hierarchiemodell:

MASLOW sieht die Entwicklung zu höheren Bedürfnisniveaus nicht nur von der Stammesgeschichte, sondern auch von der gesellschaftlichen Entwicklung abhängig.

Die gängigen Instinkt- und Bedürfnislisten kritisiert er als Produkt überholter Zeiten., als es noch für den größten Teil der Bevölkerung um Daseinsfristung im Sinne der physiologischen und der Sicherheitsbedürfnisse ging.

MASLOW hält die Bedürfnisse für relativ unabhängig von der jeweiligen Situation.

Die Grundemotionen als rudimentäres Motivationssystem (S. 71-76)

Aufgrund der mimischen Ausdrucksbewegungen läßt sich eine begrenzte Zahl von Grundemotionen unterscheiden. Schon Darwin hat acht solcher Grundemotionen voneinander abgegrenzt : Interesse, Freude, Trauer, Überraschung, Furcht, Ärger, Ekel, Scham.

Verschiedene Argumente sprechen für das Vorhandensein von Grundemotionen :

  • Schon Darwin betont eine phylogenetische Kontinuität der Gesichtsmuskulatur von den niederen Säugern über die infrahumanen Primaten bis zum Menschen besteht.
  • Bezüglich des Auftretens und der Übereinstimmung (von Beobachtern) von emotionsspezifischen Ausdrucksverhalten besteht eine große Universalität. (Untersuchung mit Angehörigen von Naturvölkern auf Borneo und Neuguinea, Ekman,1972)

Tomkins regte 1970 an, die Grundemotionen als rudimentäres Motivationssystem zu betrachten, dafür sprichen mehrere Gründe.

Es gibt etliche Situationen , die für den Organismus von vitaler, d.h. überlebenswichtiger Bedeutung sind, wie etwa eine Bedrohung, eine unvertraute Umgebung oder Notsituation. Entsprechend erleben wir Furcht und fliehen.

Die Wahrnehmung solcher vitaler Situationen beruht teils auf angeborenen Hinweisreizen (bei Tieren überwiegend) und auf Erfahrungsbildung (beim Menschen überwiegend). Diese unkonditionierten Emotionsauslöser bilden die Grundlage, um Emotionen auf ursprünglich neutrale Reizgegebenheiten zu konditionieren. Dies erfolgt i.d.R. nach dem Muster der klassischen Konditionierung.

Ein spezifischer Hinweisreiz für eine bestimmte vitale Grundsituation ruft Zustandsänderungen im Organismus hervor, die auf zu erfolgende Aktivitäten vorbereiten. Eine Komponente dieser Zustandsänderung ist das Erleben eines emotions-spezifischen Gefühls. Gefühle sind demnach eine Art umfassendes Blitzkommunique über die momentane Lage.

Die zugrundliegende Wirkungskette stellt sich wie folgt dar :

  • Informationen, die eine emotionsspezifische Grundsituation anzeigen, lösen Änderungen in einigen Arealen des Zentralnervensystems (z.B. im Limbischen System) aus. Dadurch erfolgen wiederum Änderungen in vier verschiedenen Bereichen :
  • peripheres Nervensystem einschließlich Rezeptororgane : Änderung der Durchblutung, Orientierungsreaktionen.
  • das Gefühlserleben
  • die Ausdrucksbewegungen
  • handlungsinitierende Bewegungsmuster.

 

Die folgenden aufgeführt die 8 von Plutchic angenommenen Grundemotionen aufgegliedert unter subjektiven (Gefühlserlebnis), verhaltensmäßigen und funktionalen Gesichtspunkten.

  • Furcht, Schrecken zurückziehen, fliehen Schutz
  • Ärger, Wut angreifen, beißen Zerstörung
  • Freude, Begeisterung paaren, besitzen Reproduktion
  • Trauer, Kummer um Hilfe rufen Reintegration
  • Billigung, Vertrauen Paarbindung, Putzen Vereinigung, Anschluß
  • Ekel, Abscheu erbrechen, Mimik Ablehnung
  • Erwartung, Vorwegnahme erforschen, aufgliedern Erforschung
  • Überraschung, Erstaunen anhalten,erstarren Orientierung

Bei solcher Betrachtung kann man Emotionen in der Tat als rudimentäres Motivationssystem bezeichnen. Sie erscheint im Sinne eines phylogenetischen Überlebenswertes vorteilhaft, wenn man die Wichtigkeit und Angemessenheit von schnellem Verhalten im Kampf ums Überleben bedenkt.

Reflexartige Kopplungen von Reiz und Reaktion wären zwar noch schneller aber wohl häufig auch unangemessen. Als Gegenpol würde eine kognitive analytische Situationverarbeitung zwar zu einer guten Lagebeurteilung führen, wäre aber zu langsam. *Während der Urmensch noch über das seltsame Tier nachdachte, wurde er schon gefressen *.

Wenn dagegen die erste Reaktion des Organismus keine Reflexartige sondern eine emotionale ist, wird das Reiz-Reaktionschema entkoppelt und es kann zu einer angemessenen Reaktion kommen. Andererseits schaft die emotionsbezogene Art der Verarbeitung die Möglichkeit, ziemlich unverzögert auf die Situation einzugehen. (Handlung oder erhöhte Handlungsbereitschaft).

Die Emotionsphase umfaßt im Grunde dieselben Schritte der Informationsverarbeitung wie auch die Motivationsphase. Die Emotionsphase führt nicht nur schneller, sondern auch intuitiv an die Schwelle der Volitionsphase oder schon über die Intentionsbildung hinaus zur Handlung, als dies bei einer Analyse der Wert-Erwartung der Fall sein könnte.

Es stellt sich nun die Frage wann es nun zu einer emotionalen Handlung oder zu einem rational kontrollierten Handeln kommt.

Eine analytische Elaboration mit sequentiellem Vorgehen (Motivationsphase) scheint eher aufzutreten ...

  • bei Entscheidungen mit weitreichenden Konsequenzen
  • wenn genügend Zeit vorhanden ist
  • wenn das was zu tun ist noch relativ unklar ist

Eine intuitive emotionsbezogene Bewertung (Emotionsphase) ist demgegenüber die angebrachte Vorgehensweise...

  • wenn die Entscheidung sich auf Sachverhalte bezieht die dem Individuum sehr geläufig sind
  • unter Zeitdruck bei Gefahr oder Verlockungen / Chancen

Bei Entscheidungen unter Zeitdruck (Notfall) muß eine bereits ablaufende Handlung unterbrochen werden. Da eine bereits ablaufende dominierende Handlung gegen konkurierende Handlungen abgeschirmt wird (Handlungskontrolle nach Kuhl 1963) ) ibedarf es eines besonders wirksamen Interrupt-systemes, wozu sich Emotionen sicher besser eignen als ein Abwägen von Wert-Erwartungsaspekten.

* beim Telefonieren, Bratpfanne fängt Feuer, Schreck, sofortige Unterbrechung des Telefonats ohne zu überlegen *