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Fehlattributionen von Erregungseffekten

(Seite 100)

Valin (1966,1972) ging mit seiner Hypothese noch einen Schritt weiter mit der Hypothese, daß zum Erleben einer Emotion wirkliche Erregung gar nicht notwendig sei : Es genüge, wenn Pro­banten glaubten, erregt zu sein.

In einem Experiment sahen seine männlichen Probanten weibliche Aktphotos. Dabei hörten Sie über Kopfhörer Herztöne die angeblich ihre eigenen waren. In Wirklichkeit war das Feedback nach einem bestimmten Schema manipuliert: bei einigen Bildern beschleunigte sich der Herzschlag, bei anderen nicht.

Im Anschluß zeigten sich die Probanten am meisten angetan von Bildern, bei deren Anblick sich "ihr" Herzschlag beschleunigt hatte. Diese Präferenz blieb auch dann noch bestehen nachdem man die Vps über den Schwindel aufgeklärt hatte.

einige praktische Konsequenzen von Selbstattribution

(Seite 101-102)

Wenn emotionales Erleben eine Angelegenheit von Inferenzen ist, müßten sich dann nicht auch negative Emotionen durch Manipulation von Attribution kontrollieren lassen?

Nisbett und Schachter (1966) haben dies versucht.

Sie verabreichten ihren Probanten Placebo-Tabletten und erklärten einer Gruppe der Probanten, daß dieses Präparat Erregungszustände wie Zittern, Herzklopfen usw. auslösen würde, die andere Gruppe erwartete keine physiologische Reaktion. Dann erhielten beide Gruppen eine Reihe von Elektro­schocks.

Probanten, die für ihre Erregung die Tablette mitverantwortlich machten, berichteten von subjektiv geringeren Schmerzen als die Kontrollgruppe.

Nisbett und Storms (1970) versuchten dann dieses Prinzip therapeutisch zu nutzen..

Sie verabreichten ihren, an Schlaflosigkeit leidenden, Probanten wiederum Placebo-Tabletten und erklärten einer Gruppe der Probanten, daß dieses Präparat Erregungszustände erwarten ließe, die an­dere Gruppe erwartete keine physiologische Reaktion.

Die Gruppe die Erregung erwartete, schlief besser - vermutlich weil sie Erregung Erwartete und diese äußeren Ursachen Attributieren konnte.

Wenn auch Zweifel an der Reliabilität dieser Untersuchungen nicht bis zum Letzten ausgeräumt werden konnten, ist die klinische Perspektive, ob und wie sich Erwartungen und Inferenzen von Patienten in therapeutischem Sinne beeinflussen lassen, hochinteressant.

Erregungstranfer

(Seite 102)

Zillman (1972,1978) bediente sich zum selben Zweck einer anderen Technik.

Er induzierte den physiologischen Erregungszustand seiner Versuchspersonen durch körperlich An­strengung - er ließ seine Vps auf einem Heimtrainer strampeln.

Anschließend mußten sich die Probanten von einem Komplizen des VL beschimpfen lassen.

Erregte Probanten reagierten darauf aggressiver als die nicht erregten Probanten.

Zillman vermutete in solchen Fällen eine Übertragung der Erregung auf eine plausible äußere Ursache und nannte das von ihm beschriebene Phänomen Erregungstransfer.

Selbstattribution von Kognition

(Seite 103-104)

Nisbett und Wilson (1977) überprüften die provokative Vermutung, daß wir unsere Urteilsprozesse genausowenig beschreiben können, wie wir in der Lage sind, ohne äußere Reize unsere Gefühle zu identifizieren.

In einem typischen Experiment manipulieren die VL eine Variable von der bekannt ist, daß sie die Entscheidung eines Probanten wahrscheinlich beeinflussen wird. Typischerweise sind die Probanten blind für die manipulierte Variable.

Eine Aufgabe besteht z.B. darin aus einer Reihe von identischen Strümpfen einen auszuwählen. In der Regel entscheiden sich die Versuchspersonen für den Strumpf zu ihrer Rechten. Um eine Erklä­rung gebeten, werden dann - nicht vorhandene - Qualitätsunterschiede oder persönliche Vorlieben angeführt. Darauf hingewiesen, daß die Position die Wahl beeinflußt habe, bestreiten die Vps durch­weg, daß die eine Rolle gespielt habe.

Wenn die Probanten tatsächlich blind für ihre eigenen mentalen Prozesse sind, was beschrei­ben sie dann, wenn man sie danach fragt? Nisbett und Wilson glauben, daß wir in solchen Fällen zu Erklärungen neigen, die wir den Umständen für angemessen halten. (z.B. Qualität oder Präferenz)

Zusammenfassung und Schlußfolgerungen

(Seite 105)

Die Attributionstheorie basiert auf zwei Annahmen :

  1. Menschen sind rationale Informationsverarbeiter und
  2. trachten wie Wissenschaftler danach, die Hauptursachen für Verhalten zu entdecken.

 

Wie wir gesehen haben, muß die erste Annahme drastisch revidiert werden. Irrational und motivationsbedinge verzerrte Attributionen können mit dem Modell des rationalen Informations­verarbeiters nur schwer vereinbart werden.

 

Auch die zweite Annahme, daß Wahrnehmende immer nach den Ursachen von Verhalten suchen, muß kritisch hinterfragt werden. Tatsächlichist die ganze Vorstellung einer Hauptursa­che suspekt, denn jede Handlung ist das Ergebnis einer langen Kette kausaler Ereignisse. Aus einer solchen Kette eine Ursache als die einzig wahre und entscheidende herauszugreifen, ist unmöglich und muß reine Willkür bleiben.