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Der psychopathologische Befund kann als eine standardisierte Zusammenfassung relevanter einzelner Symptome bei der Diagnosefindung betrachtet werden. Es handelt sich um das Ergebnis eines Fremdbeurteilungsverfahrens, das sowohl ein Interview als auch Verhaltensbeobachtung nutzt. In Deutschland wird häufig zur Standardisierung das AMDP-System genutzt (AMDP = Arbeitsgemeinschaft für Methodik und Dokumentation in der Psychiatrie).

Nach diesem System sind oben genannte Bestandteile Inhalt des Befunds. Bei der Exploration werden die Symptome stets als nicht vorhanden, leicht / mittel / schwer ausgeprägt oder nicht beurteilbar eingeschätzt.

 

 


 

Äußere Erscheinung

Zur äußeren Erscheinung gehören Verhalten, Kleidung und Physiognomie sowie das Sprechverhalten (Sprechweise, Stimmklamg, Tempo...). Dabei sind lediglich Besonderheiten zu erwähnen. Die AMDP schlägt folgende Begriffe vor:

  • Klein/mittelgroß/groß
  • schlank/adipös
  • Sportliche/modische/elegante/schlichte/einfache Kleidung
  • Körperlich und in der Kleidung nicht ganz/durchschnittlich/sehr gepflegt
  • Sehr jugendlich/vorgealtert wirkend
  • Kein /Ausgeprägter Akzent

 


 

Sozialkontakt

Beim Sozialkontakt wird eingeschätzt, wie sich die zu begutachtende Person im Kontakt verhält. Die AMDP schlägt folgende Begriffe vor:

  • Selbstunsicher/ selbstsicher
  • beflissen
  • adäquat, höflich, freundlich-zugewandt
  • ablehnend, unkooperativ, verschlossen
  • distanzlos
  • aggressiv

 

 


Intelligenz

Auch die Intelligenz kann aus dem Kontakt eingeschätzt werden, wobei zu beachten ist, dass diese Einschätzung nur vorläufig heraus interpretierbar ist. Ein Intelligenztest ist in der weiteren Diagnose von Nöten. Die AMDP schlägt folgende Begriffe vor:

  • unterhalb
  • im
  • oberhalb des Normbereichs

 


 

Bewusstsein

Die Bewusstseinslage wird nach Quantität und Qualität beurteilt. Bei der Quantität geht es um eine mögliche Verminderung des Bewusstseins, was auch als Wachheitsgrad umschrieben werden kann. Die Wachheitsstufen für den psychopathologischen Befund beschreibt die AMDP als:

  • Wach
  • somnolent (schläfrig)
  • soporös (schlafgleich)
  • komatös (nicht mehr zu erwecken, keine Reflexe)
Bei der Qualität des Bewusstseins geht es um die Klarheit des Bewusstseins und dessen Inhalte. Folgende Aspekte werden unterschieden:
  • Unauffällig
  • Bewusstseinseintrübung (Verwirrtheit von Denken und Handeln)
  • Bewusstseinseinengung (Fixierung auf einen Erlebensaspekt, häfig mit verminderter Ansprechbarkeit)
  • Bewusstseinsverschiebung (z. B. Überachheit, tranceähnlich)

 


Orientierung

Hier wird eingeschätzt, ob die Person

  • zeitlich,
  • örtlich,
  • situativ und
  • zur Person

orientiert ist, also ob sie weiß wer sie gerade und wann sie gerade wo und warum ist. Dies kann unauffällig oder gestört sein.


Mnestische Funktionen / Aufmerksamkeit

Hier werden folgende Aspekte erfasst:

  • Störungen der Aufmerksamkeit (Umfang und Intensität der Aufnahme von Wahrnehmungen, Gedanken und Vorstellungen)
  • Störungen der Konzentration (verringerte Fähigkeit, sich ausdauernd einer bestimmten Sache/Tätigkeit zu widmen)
  • Merkfähigkeitsstörung (beeinträchtigte Fähigkeit, sich an nicht länger als 10 Minuten zurückliegende Gesprächsinhalte etc. zu erinnern)
  • Gedächtnisstörungen

- beeinträchtigte Fähigkeit, länger als 10 Minuten zurückliegende Eindrücke/Kenntnisse im Gedächtnis zu behalten oder
- Amnesie (inhaltlich oder zeitlich begrenzte Erinnerungslücke) oder
- Konfabulationen (Ausfüllen von fehlenden Gedächtnisinhalten durch erfundene Sachverhalte oder Einfälle)
- Paramnesien (Erinnerung an Ereignisse, die nicht stattgefunden haben)

  • Störungen der Auffassung (Störung der Fähigkeit, Wahrnehmungen in ihrer Bedeutung zu begreifen z. B. den allgemeinen Gesprächskontext, Sprichwörter...)


Formales Denken

Beim formalen Denken wird die Denkfähigkeit betrachtet. Die AMDP schlägt folgende Begriffe vor:

  • Ungestört
  • Verlangsamt (Schleppender Gedankengang, vom Patient oft als Denkhemmung empfunden)
  • Weitschweifig
  • Gehemmt
  • umständliches Denken (Fehlende Trennung von Wesentlichem und Nebensächlichem)
  • eingeengtes Denken (Haften an einem/wenigen Themen)
  • Perseveration (Wiederholung gleicher Denkinhalte, Haften an vorherigen Worten, ohne dass diese  weiteren Sinn ergeben)
  • Grübeln
  • Gedankendrängen
  • Ideenflucht (Übermäßig einfallsreicher Gedankengang. Meist fehlt der rote Faden, häufiges Springen zwischen Themen)
  • Vorbeireden (Nicht-Eingehen auf Fragen, obwohl die Frage verstanden wurde)
  • Gesperrt, Gedankenabreißen (Plötzlicher Abbruch eines Gedankengangs, ohne triftigen Grund)
  • inkohärent, zerfahren
  • Neologismen (Wortneubildungen)

 



Inhaltliches Denken

Beim inhaltlichen Denken handelt es sich um das Wahnerleben. Dies ist eine krankhaft verzerrte Beurteilung der Realität, an der mit subjektiver Gewissheit festgehalten wird. Es gibt also kein verständnis für die Perspektive anderer, Zweifelseinwände sind nicht fruchtbar.
Zum einen werden die Formen des Wahnerlebens unterschieden:

  • Unauffällig
  • Wahn
  • Systematisierter Wahn (Wahninhalte werden zu einem Wahngebäude verknüpft)
  • Wahneinfall (Plötzliches Aufkommen wahnhafter Überzeugungen)
  • Wahngedanke
  • Wahnerinnerung (wahnhaft verfälschte Erinnerung)
  • Wahnwahrnehmung (Uminterpretation von an sich neutralen Sinneseindrücken)
  • Wahnstimmung (Stimmung des Unheimlichen, Vieldeutigen, Beziehungs- und Bedeutungserleben, daraus entstehende Wahnideen)

 

Zum zweiten gibt es verschiedene inhaltliche Wahnformen

  • Schuldwahn
  • Verarmungswahn
  • Verfolgungswahn
  • Beeinträchtigungswahn
  • Beziehungswahn
  • hypochondrischer Wahn
  • überwertige Ideen, Größenwahn
  • Religiöser WahneinfallLiebeswahn, Eifersuchtswahn
  • ...

 


Sinnestäuschungen

Halluzinationen sind Wahrnehmungserlebnisse ohne entsprechenden Außenreiz, die jedoch als wirkliche Sinneseindrücke aufgenommen werden.
Die AMDP schlägt folgende Begriffe vor:

  • Illusionen
  • Akustische (Geräusche), optische (Sehen), olfaktorische (Geruch), gustatorische (Geschmack), taktile oder haptische (Berührung) Halluzinationen
  • Zonästhesien (Körperempfindungsstörung)
  • leibliche Beeinflussungserlebnisse Körperempfindungen (oft Zoenästhesien) werden als von außen gemacht erlebt (z.B. durch Fernwirkung, Strahlen etc.)

 


Ich-Störungen

Bei den Ich-Störungen kann die Grenze zwischen Ich und Umwelt durchlässig erscheinen, sodass die eigene Urheberschaft für Denk-, Gefühl und Willenprozesse gestört erlebt wird. Die AMDP schlägt folgende Begriffe vor:

  • Depersonalisation (eigener Körper wirkt fremd, unwirklich, verändert)
  • Derealisation (Umgebung erscheint fremd, unwirklich, verändert)
  • Gedankenausbreitung (Gedanken des Patienten gehören nicht mehr ihm allein, andere können daran teilhaben)
  • Gedankenentzug (Gefühl, dass die eigenen Gedanken abgezogen, weggenommen werden)
  • Gedankeneingebung (Gedanken werden als von außen gesteuert, gemacht, gelenkt empfunden)
  • Willensbeeinflussung (Handlungen werden als von außen gesteuert empfunden)

 


Affektivität

Das Wort Affektivität beschreibt das Gefühlsleben einer zu Person, welches auf viele Weisen gestört sein kann. Die AMDP schlägt folgende Begriffe vor:

  • Stimmung nicht/auffällig verändert
  • Ratlosigkeit
  • Gefühl der Gefühllosigkeit
  • affektarm
  • Störung der Vitalgefühle
  • deprimiert, depressiv
  • hoffnungslos
  • ängstlich
  • euphorisch/ dysphorisch
  • gereizt/ innerlich unruhig
  • klagsam, jammerig
  • Insuffizienzgefühle
  • gesteigertes Selbstwertgefühl
  • Schuldgefühle/ ambivalent
  • Parathymie/ affektlabil
  • affektinkontinent
  • affektstarr
  • affektive Schwingungsfähigkeit gut/nicht erhalten

 


Zwänge und Ängste

Die AMDP schlägt folgende Begriffe vor:

  • Zwangsgedanken
  • Zwangshandlungen
  • Zwangsimpulse
  • Phobien
  • Panikattacken
  • Ängste

 


Antrieb und Psychomotorik

Bei Störungen des Antriebs handelt es sich um Störungen, die die Energie, Initiative und Aktivität eines Menschen betreffen. Dies kann eingeschätzt werden als:

  • Nicht gestört
  • antriebsarm
  • antriebsgehemmt
  • antriebsgesteigert

 

Bei der Psychomotorik handelt es sich um die durch psychische Vorgänge geprägte Gesamtheit des Bewegungsablaufs. Dies kann eingeschätzt werden als:

  • unruhig
  • Parakinesien
  • Hyperkinesien
  • Akinesie
  • Hypokinesie
  • Stupor
  • Raptus
  • maniriert

 


Zirkadiane Besonderheiten

Zirkadiane Besonderheiten beschreiben falls vorhanden eine Intensität von Symptomen zu bestimmten Tageszeiten. Die AMDP schlägt folgende Begriffe vor:

  • Keine Besonderheiten
  • morgens schlechter
  • abends schlechter
  • abends besser

 


Sonstige Merkmale, Symptome (Suizidalität)

Zu den sonstigen Merkmalen zählt insbesondere die Suizidalität, die immer betrachtet werden muss. Dabei kann in verschiedene Stadien unterschieden werden.

  • Passive Todeswünsche
  • Aktive Suizidgedanken
  • Zunehmende suizidale Einengung
  • Vorbereitungshandlungen
  • Akute Suizidalität
  • Parasuizidale Handlung / Geste
  • Suizidversuch

 

Weitere mögliche Symptome bzw. Merkmale sind:

  • Sozialer Rückzug
  • Soziale Umtriebigkeit
  • Aggressivität
  • Selbstbeschädigung
  • Mangel an Krankheitsgefühl
  • Mangel an Krankheitseinsicht
  • Ablehnung der Behandlung
  • Pflegebedürftigkeit

 

Nicht zuletzt kann es psychische Werkzeugstörungen geben, also Störungen neuropsychologischer Funktionen wie bspw. der Sprache, meist aufgrund von hirntraumatischen Erlebnissen.

  • Agnosie (Störung des Erkennens bei intakter Wahrnehmung)
  • Agraphie (Störung des Schreibens, trotz motorischer und intellektueller Fähigkeit dazu)
  • Alexie (Störung des Lesens, trotz Sehfähigkeit und intellektueller Fähigkeit)
  • Aphasie (Störung der Sprache)
  • Apraxie (Störung der Ausführung willkürlicher Bewegungen bei intakter motorischer Funktion)