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Zum Punkt der Verhaltensausführung in Banduras Theorie geht es um das handlungspsy-chologische Problem, wie das eigene Verhalten in Relation zu einem Referenzkriterium reguliert wird und um die motivationspsychologische Frage, wodurch das Referenzkriterium für die Person zu einem verbindlichen Kriterium wird.

Nachahmung als Selbstregulation

Kontrolltheoretischer Selbstregulationsansatz nach Powers (1973), Carver & Scheier (1981/82)

Anhand kybernetischer Modelle haben die Autoren ein Rahmenmodell für Motivation und Selbstregulation entwickelt. Kern des Modells ist das Modell des Regelkreises bzw. der TOTE-Einheit ::

  • 1. Test - Ein Zustand wird mit einem Referenzkriterium verglichen
  • 2. Operate - Ist-Soll-Diskrepanzen werden korrigiert
  • 3. Test - Erneuter Vergleich zw. Zustand und Refenzkriterium
Zyklus wird solange durchlaufen, bis
  • 4. Exit - Ist-Soll-Anpassung ist erreicht

Zwei Parameter setzen und halten das System in Gang:

 

  • a) Ziel (purpose)

besteht darin, Abweichungen von einem Standard zu verhindern

  • b) Standard (goal)

Der kybernetische Ansatz postuliert eine Hierarchie mehrerer ineinander verschachtelter Regelkreise und somit eine hierarchische Ordnung von Standards. Der Informationsstrom wird auf unterschiedlichen Kontrollniveaus analysiert und dort mit dem jeweils gültigen Standard verglichen. Der Standard jedes Regelkreises wird duch den Output des nächst höhergeordneten Regelkreises gebildet.

9 Kontrollniveaus:

1. Kontrolle von Reizintensitäten bzw. deren Empfindungen

2. - 6. Kontrolle motorischer Ausführungen und deren raum-zeitlicher Koordination

7. Niveau der Programmkontrolle (Entscheidungen über Handlungen und Strategien) -->

Programme entsprechen hier sog. scripts

8. Prinzipienkontrolle (Orientierung an logischen und moralischen Prinzipien)

9. System-Konzeptkontrolle (beinhaltet noch generalisiertere Orientierungsleitlinien der Lebensgestaltung,

z.B. konsistent mit den Vorstellungen vom eigenen Selbst zu handeln)

Bsp: Jemand sieht sich selbst als beliebten Menschen, der anderen Freude bereitet; er möchte dementsprechend handeln (System-Konzept). Eine Möglichkeit ist, anderen einen Festtagsgruß zu senden (Prinzip). Er beschließt, Weihnachtsgrüße zu schreiben (Programm). Er holt Papier und Stift, setzt sich hin und schreibt (untere Ausführungskontrollebenen).

Die meisten Alltagshandlungenbleiben auf der Ebene der Programmkontrolle. D.h. es werden nicht immer alle Kontrollebenen durchlaufen.


Welche Phänomene der Vorbildforschung lassen sich mit diesem Modell erklären?
  1. Der Einfluß von Nachahmungshandlungen auf das Verhalten besteht darin, daß sie ebenfalls Einfluß auf den Referenzstandard haben, anhand dessen das Verhalten reguliert wird. Hierbei ist es von Bedeutung, auf welcher Kontrollebene das Vorbild den Standard beeinflußt. Je höher das Niveau, desto schwerer ist eine Änderung zu erzielen (d.h. der Vorbildeinfluß auf simple Bewegungsvorgänge ist ein anderer als der auf z.B. moralische Standards). Um in Untersuchungen feststellen zu können, ob tatsächlich tiefere Vorbildwirkungen stattgefunden haben (z.B. auf Prinzipienebene), könnte man Generalisierungstests auf ein Verhalten durchführen.
  2. Das Modell verdeutlicht auch, wie Vorbildwirkungen auf höheren Kontrollebenen eintreten können, ohne daß es zu einer erkennbaren Angleichung an das Vorbildverhalten kommt. Ein Beispiel wäre, wenn ein Vorbild in seinem Verhalten seine eigenen moralischen Prinzipien verletzt, was beim Beobachter Nicht-Nachahmung dieses Verhaltens nach sich zieht (d.h. es hat hier eine Wirkung auf der Prinzipienebene stattgefunden).
  3. Das Modell kann schließlich auch Kontraimitation verständlich machen, wenn man dieses Phänomen als Reaktanzeffekt interpretiert, der durch Orientierung an einem übergeordneten Prinzip motiviert ist
Kritik

Dieses Beschreibungsmodell gibt nur wenig Auskunft über die motivationalen Bedingungen.


 


Reaktionsunsicherheit

*Thelen, Dollinger und Kirkland (1979) haben das Konzept der "Reaktionsunsicherheit" (response uncertainly) entwickelt, um die Nachahmung in solchen Situationen erklären zu können, in denen keine Bekräftigungsanreize wirken.

Reaktionsunsicherheit = Zustand, in dem die Person nicht über schnell abrufbare Handlungspläne

verfügt und sich unsicher über situationsangemessenes Verhalten ist.

Thesenstützende Befunde (Thelen et al.)

1. Die Bereitschaft zur Nachahmung sinkt mit zunehmender Situationsstrukturiertheit

2. Die Bereitschaft zur Nachahmung sinkt mit zunehmender Vorkenntnis bezüglich der Aufgabe

3. Die Bereitschaft zur Nachahmung steigt mit vorheriger Mißerfolgserfahrung

Situationsstrukturiertheit und Vorkenntnisse versorgen die Person mit konkreten Handlungsanleitungen und reduzieren Unsicherheit. Mißerfolgserfahrungen erhöhen diese.

Annahme: --> Nachahmung hat eine unsicherheitsreduzierende Funktion (Erhöhung von

Kompetenzgefühlen)

Das typische Vorbildexperiment dürfte einen hohen Grad an Unsicherheit erzeugen, was vermutlich bisher zu einer Überschätzung der Wirkung von Vorbildern geführt hat

Vorbildwirkungen beim Leistungshandeln

Die Sensitivität von Parametern leistungsorientierten Handelns für Vorbildeinflüsse beschäftigt die Vorbildforschung seit langem. Besonderes interesse fanden Vorbildwirkungen auf Standards, die kinder an ihr eigenes Leistungshandeln anlegen.

Problem: Befunde u.a. von Bandura und Kupers (1964) zeigten, daß kindliche Selbstbewertungsstandards anscheinend mühelos durch Vorbilder beeinflußt werden können. Leistungsmotivationstheoretisch muß dies allerdings bezweifelt werden, denn hier werden Selbstbewertungsstandards als relativ feste Bestandteile überdauernder Motivsysteme, trotz unterschiedlicher Vorkenntnisse, aufgefaßt (Halisch, Heckhausen).

In der bisher angewandten typischen Versuchsaufgabe (eine Art Mini-Bowling-Spiel) handelte es sich um ein Zufallsspiel, in dem die Kinder kaum einen Bezug zwischen Handlung und Ergebnis herstellen konnten. Es war somit keine leistungsthematische Situation. Desweiteren hatte keines der Kinder Vorkenntnisse mit dieser Aufgabe. Sie befanden sich also im Zustand hoher Reaktionsunsicherheit und haben somit auch jeweils bereitwillig die Spielregeln übernommen. Somit ist durch diese Versuche nur die Vorbildwirkung auf Programmebene nachgewiesen. Es ist jedoch nicht klar, ob auch auf der Prinzipienebene, wo ja frühestens die bedeutungsrelevanten Standards für eigenes Handeln liegen, ein Vorbildeinfluß stattgefunden hat.

Anhand der folgenden Untersuchung soll der Widerspruch zw. dem theoretischen Anspruch und den Befunden mittels einer Interpretation durch Kombination von dem Modell der Regelkreisebenen mit der These der Reaktionsunsicherheit geklärt werden. Hierbei wurde mit einer Methodikvorgegangen, die den theoretischen Erfordernissen angemessen ist.

Experiment von Halisch (1983)

Hierbei wurde eine Leistungsaufgabe verwendet und die Vorerfahrung der Kinder mit der Aufgabe variiert. Das Leistungsmotiv der Kinder wurde erhoben. Die Kinder beobachteten ein Vorbild, das die gleichen Leistungsergebnisse erzielte wie sie, sich selbst aber in einer Bedingung hohe und in der anderen niedrige Leistungsstandards setzte. Als abhängige Variablen wurden bei den Kindern leistungsthematische Variablen erhoben (u.a. Standardsetzungen).

Abb. 2: Standardsetzung Zehnjähriger bei einer Leistungsaufgabe nach Beobachtung eines Vorbilds, das sich selbst hohe oder niedrige Standards setzte. Die Leistung sowohl der Kinder als auch des Vorbilds lag bei 10, der hohe Vorbildstandard bei 13, der niedrige bei 7 Leistungspunkten. Die Kinder hatten entweder a) Aufgabenerfahrung oder b) nicht.

 

Vorbildstandard Vorbildstandard

a) mit Aufgabenerfahrung b) ohne Aufgabenerfahrung

Ergebnisse:

  • Unter Bedingung a) ist der Vorbildeinfluß geringer. Es gibt einen klaren Motivationseinfluß: Mißerfolgsmotivierte richten sich trotz eigener Aufgabenerfahrung nach dem Vorbildstandard. Erfolgsmotivierte bleiben entweder unbeeinflußt oder verhalten sich kontraimitativ.
  • Unter Bedingung b) orientieren die Kinder ihren Standard an dem des Vorbilds. Allerdings übernehmen sie diesen nur selten exakt. Stattdessen setzen sie offenbar Vorbildtüchtigkeit

(-standard) und eigene Tüchtigkeit in Beziehung. D.h. sie übernehmen ein Prinzip.

  • Zur Stabilität: In der zunehmenden Beschäftigung mit der Aufgabe passen Kinder der Bedingung b) ihren Standard zunehmend dem eigenen Leistungsniveau an. Hingegen bleiben Vorbildeffekte, die in Bedingung a) trotz Vorerfahrung eingetreten sind, (--> Mißerfolgsmotivierte) über längere Zeit stabil.
Interpretation
  • Die These der mühelosen Beeinflußbarkeit von Selbstbewertungsstandards kann nur für den seltenen Fall völlig unvertrauter Aufgaben gelten, für die man noch keine Handlungs- und Bewertungsmuster parat hat.
  • Konnten Kinder ihre Tüchtigkeit zuvor schon einmal erproben sind die Vorbildeffekte abhängig von Beobachtermerkmalen. Erfolgs- und Mißerfolgsmotivierte folgen unterschiedlichen Prinzipien der Standardsetzung.Mißerfolgsorientierte sind empfänglich für den Vorbildstandard, Erfolgsmotivierte lehnen diesen ab (orientieren sich an eigenen Tüchtigkeitsstandards). Dies spricht gegen die Annahme von Thelen et al., daß Personunterschiede der Vorbildwirkung vor allem in Situationen hoher Reaktionsunsicherheit zum Tragen kommen.
  • Bei Vertrautheit mit einer Aufgabe werden Personunterschiede in der Anfälligkeit gegenüber externen Standards und der Fähigkeit zu eigenständiger Handlungsregulation deutlich