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Was HERMANN EBBINGHAUS (1850-1909) über die Psychologie im allgemeinen sagte, gilt wohl auch für die Motivationspsychologie im besonderen : " Die Psychologie hat eine lange Vergangenheit, aber eine kurze Geschichte".

Seit den Anfängen der wissenschaftlich betriebenen Psychologie vielen Fragen zur Notivation in unterschiedlichen Zusammenhängen an.
Durch die philosophischen und theologischen Wurzeln wurde der Wille gerene als Institution der moralischen Norm und Pflicht angesehen, der sich gehgen niedere Tendenzen wie Instinkte, Triebe, oder Bedürfnisse durchzusetzen hatte.

Noch um die Jahrhundertwende bezogen sich die Motivationsprobleme im wesentlichen auf den Willensakt (Entscheidung) und die Willenshandlung (Steuerung einer Aktion).Der Wille hat als wissenschaftlicher Begriff an Bedeutung verloren, während Begriffe wie Triebe und Bedürfnisse den Charakter des animalischen abgelegt haben.

Erst 1936 erschien im englischsprachigen Raum das erste Buch, das den Begriff Motivation im Titel führte : P. T. YOUNG "Motivation and Behavior". Jetzt waren es nicht meht Willensakte sondern Bedürfnisse und Tendenzen, die den Zugang zum Handeln und dessen Ausführung bestimmten.
Gegenwärtig ist die Motivationsforschung noch weit davon entfernt, in ihren Fragestellungen, Variablen, Theorien und Methoden ein einheitliches Forschungsgebiet zu bilden.

Die Generation der Pioniere (S. 20-23)

" Der Mensch als vernunftbegabtes Lebewesen trifft seine Entscheidungen als freien Willensakt. Das Tier als niederes Instinkswesen wird von seinen Trieben gesteuert."

Dieser Dualismus der Verhaltenserklärung brach mit DARWINs (1809-1882) Buch über den Ursprung der Arten (1859) allmählich zusammen.
Neben diesem Durchbruch einer deterministischen Geisteshaltung wurden vor allem drei Überzeugungen maßgebend.
Erstens, wenn zwischen Menschen und Tieren keine Wesenskluft, sondern ein gradueller Übergang besteht, müssen Erklärungen für Tierisches Verhalten auch einen gewissen Erklärungswert für das menschliche Verhalten haben.

MC DOUGALL machte aus diesem Grund die Instinkte zum hauptsächlichen Erklärungsbegriff (1908). Er begründeteden instinkttheoretischen Strang der Motivationsforschung.

Zur gleichen Zeit war FREUD damit beschäftigt, Licht in irrational erscheinende Phänomene wie Trauminhalte (1900) und das Verhalten neurotischer Patienten (1915) zu bringen und auf eine verborgene Triebdynamik zurückzuführen. Damit begründete er einen wesentlichen Teil des persönlichkeitstheoretischen Problemstrangs der heutigen Motivationsforschung.

Zweitens, Intelligenz, die Fähigkeit aus Erfahrung zu lernen, mußte in hohem Maße eine arterhaltene Funktion besitzen, weil sie schnelle Anpassung an veränderte Umweltbedingungen ermöglichte.

So entstand in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts die Vergleichende Psychologie aus dem Bemühen , artspezifische Intelligenzleistungen festzustellen und miteinander zu vergleichen. THORNDIKE (1874-1949) war einer der Pioniere der sich allmählich entwickelnden experimentellen Lernforschung.

Der russische Physiologe PAWLOW eröffnete um die Jahrhundertwende neben THORNDIKE eine weitere Linie der experimetellen Lernforschung, die bis heute einen Teil der Motivationsforschung beeinflußt.

PAWLOW und THORNDIKE haben das geknüpft, was man den assoziationstheoretischen Strang der Motivationsforschung nennen kann. Es handelt sich in beiden Fällen um Änderung der Reiz-Reaktions-Assoziationen. Im Falle THORNDIKEs werden Reaktionen durch andere, erfolgreichere ersetzt - das operante oder instrumentelle Konditionieren. Im Falle PAWLOWS werden ursprünglich reaktionsauslösende (reflexauslösende) Reize durch anere, vormals neutrale Reize ersetzt - klassische Konditionierungroblemstrangs der heutigen Motivationsforschung. Damit hat THORNDIKE die lernpsychologische Linie und PAWLOW die aktivierungspsychologische Linie des assoziationstheoretischen Strangs begründet .

Drittens, Innerhalb einer Art muß es stets Individuen geben, die etwas besser als die anderen im Kampf ums Überleben ausgestattet sein müssen. Diese Schlußfolgerung lenkte das Interesse auf individuelle Unterschiede und deren diagnostische Erfassung.

GALTON (1822-1911), ein Vetter DARWINS, stellte unter erbpsychologischen und eugenischen Gesichtspunkten vielerlei Erhebungen an. Er gehörte zusammen mit Binet (1857-1911), der im staatsauftrag die ersten Intelligenztest entwickelte, zu den Begründern der psychologischen Testbewegung.

Erst ab den dreißiger Jahren fand diese Bewegung über ALLPORT (1937), MURRAY (1938) und CATTEL (1950) Eingang in den persönlichkeitstheoretischen Strang der Motivationsforschung.

Relativ unbeeinflußt entwickelte Wundt (1832-1920) die Psychologie als eine akademische Disziplin, die Willenshandlungen als zentrales Thema aufgriff. ACH (1871-1946) und unabhängig von ihm der Belgier MICHOTTE (1881-1965) gelten als die Begründer einer experimentellen Willenspsychologie.

Bezieht man die drei Problembereiche der Motivationsforschung, nämlich Motiv, Motivation und Volition auf die fünf Stränge, so ist nur der Problembereich Motivation in allen fünf Strängen vertreten. Der Begriff Motiv wird nur im persönlichkeitstheoretischen Strang aufgegriffen und Volition ist nach der frühen und kurzen Blüte der experimentellen Willenspsychologie als Problem gänzlich verschwunden.